Leitsatz
Aus der durch Urteil vom 4.8.2006 geschiedenen Ehe der Parteien war eine im November 2002 geborene Tochter hervorgegangen, die von der Ehefrau versorgt und betreut wurde.
Die Ehefrau war im März 1977 geboren und nicht erwerbstätig. Seit Juli 2006 bezog sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der ARGE. Der Ehemann und Beklagte war vollschichtig erwerbstätig und erzielte ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.500,00 EUR.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 411,00 EUR monatlich in Anspruch genommen.
Die hierfür von ihr begehrte Prozesskostenhilfe wurde ihr für die Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 306,00 EUR bewilligt. Im Übrigen wurde ihr Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zurückgewiesen.
Mit ihrem Rechtsmittel wandte sich die Klägerin gegen die Teilverweigerung der Prozesskostenhilfe. Das FamG hat diesem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Abweichend von dem erstinstanzlichen Beschluss hat das OLG - allerdings auch unter teilweiser Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Klägerin - ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 372,00 EUR monatlich.
Im Hinblick auf die Aktivlegitimation wurde die Unterhaltszahlung aufgesplittet. Beginnend mit dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage folgenden Monat war nach Auffassung des OLG an die ARGE und beginnend mit dem auf den Schluss der mündlichen Verhandlung folgenden Monat an die Klägerin persönlich zu leisten.
Zur Bezifferung der Höhe des nachehelichen Unterhalts hat das OLG den dem Unterhaltsschuldner zuzuerkennenden Selbstbehalt in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH festgelegt, wonach der gegenüber dem Ehegatten zu belassende Selbstbehalt grundsätzlich höher anzusetzen sei als der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern. Wegen der Verknüpfung mit dem Unterhaltsanspruch der Mutter bzw. dem Vater eines nichtehelichen Kindes gem. § 1615l BGB, die sich typischerweise in einer nämlichen Situation befänden, gelte dies - entgegen der Annahme der Beschwerde - auch bei Betreuung eines gemeinsamen minderjährigen Kindes durch den Unterhaltsberechtigten. In der Regel sei daher gegenüber dem Ehegatten ein Selbstbehalt zuzuerkennen in Höhe des Mittelwertes zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt.
Im Hinblick auf die tatsächliche Einkommenssituation des Beklagten sei eine Mangelfallberechnung durchzuführen, wobei der Differenzbetrag zwischen dem angemessenen Selbstbehalt i.H.v. 995,00 EUR und dem notwendigen Selbstbehalt i.H.v. 890,00 EUR für den Kindesunterhalt zu verwenden sei, da sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ergebe, dass sie diesen Betrag dem Beklagten freiwillig zu Lasten ihres eigenen Unterhaltsanspruchs belassen wolle.
Andererseits sei zu berücksichtigen, dass § 33 SGB II in der Fassung des am 1.8.2006 in Kraft getretenen Gesetzes nunmehr einen gesetzlichen Forderungsübergang vorsehe, wenn und soweit ein Unterhaltsberechtigter - wie hier die Klägerin - Arbeitslosengeld II beziehe. Dem habe die Klägerin in Ermangelung einer Rückübertragung durch Modifikation ihres Klageantrags in der Beschwerdeinstanz für die Zeit zwischen dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit und dem auf den Schluss der mündlichen Verhandlung folgenden Monat in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen. Für die Zeit davor sei der modifizierte Antrag jedoch nicht erfolgversprechend, da die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft nicht dargetan seien.
Hinweis
Das Urteil des Saarländischen OLG liefert klare Vorgaben dafür, mit welchen Selbstbehaltssätzen bei der Unterhaltsberechnung - differenziert nach Ehegatten- und Kindesunterhalt - zu arbeiten ist.
Ein weiterer Themenschwerpunkt der Entscheidung ist die differenzierte Mangelfallberechnung von Ehegatten- und Kindesunterhalt, folgend aus den unterschiedlichen Selbstbehaltssätzen und Verteilungsmassen. Nach der derzeit noch geltenden Gesetzeslage besteht zwischen dem Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes und des betreuenden Elternteils Gleichrangigkeit, so dass zumindest das bis zum Ehegattenselbstbehalt einzusetzende Einkommen des Unterhaltsschuldners gleichmäßig entsprechend den Bedarfsquoten aller Unterhaltsberechtigter zu verteilen ist.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 28.11.2006, 6 WF 88/06