Leitsatz (amtlich)
Erhält ein gerichtlicher Vergleich keine Kostenregelung, wohl aber eine übereinstimmende Erledigungserklärung, so spricht dies dafür, dass die Beteiligten der Auffassung sind, dass die Kosten nicht nach § 98 ZPO zu verteilen sind, sondern nach billigem Ermessen.
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 12.02.2013; Aktenzeichen 52 F 264/11 UK) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Saarbrücken vom 12.2.2013 - 52 F 264/11 UK - teilweise dahingehend abgeändert, dass dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Beschwerdewert: bis 1.700 EUR.
Gründe
Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 567 ff. ZPO statthafte (BGH FamRZ 2011, 1933) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
Gemäß § 243 Satz 1 FamFG entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen abweichend von den entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Dabei lässt § 243 FamFG zwar eine unmittelbare Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, soweit sie die Kostenverteilung regeln, nicht zu (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.), jedoch sind im Rahmen der Ermessensprüfung des § 243 FamFG die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die den verdrängten ZPO-Vorschriften zugrunde liegen (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Damit kann im Falle eines Vergleichsabschlusses auch die Wertung des § 98 ZPO - mittelbar - zum Tragen kommen. Davon geht auch das Familiengericht im Ansatz zutreffend aus, die Antragsgegnerin rügt jedoch zu Recht, dass in dem angefochtenen Beschluss die Voraussetzungen des § 98 ZPO bejaht worden sind. Nach § 98 Satz 2 ZPO sind die Kosten eines durch einen Prozessvergleich erledigten Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Dabei kann § 98 S. 2 ZPO von den Parteien nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend in der Weise abgedungen werden, dass über die Kosten des Rechtsstreits nach den allgemeinen Kostenvorschriften entschieden werden soll (BGH, FamRZ 2006, 853; vgl. auch BGH MDR 2007, 644, jeweils m.w.N.).
So liegt der Fall entgegen der Auffassung des Familiengerichts hier. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des gerichtlich festgestellten Vergleichs. Dieser enthält keine Kostenregelung, gleichzeitig erklären aber beide Beteiligten, dass mit dem Vergleich der Rechtsstreit erledigt sei. Durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung bringen die Beteiligten jedoch im Allgemeinen zum Ausdruck, dass sie der Auffassung sind, dass sich die Verteilung der Kosten nicht nach § 98 ZPO zu richten hat, sondern nach billigem Ermessen (vgl. dazu auch Zöller/Herbert/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 243 Rz. 8). Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Beteiligten bereits vor Abschluss des Vergleichs über die zu treffende Kostenregelung unterschiedliche Auffassungen vertreten haben und sich hierüber offensichtlich nicht einigen konnten. So hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21.2.2012 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach er an die Antragsgegnerin 2.000 EUR zahlen (Ziff. 1 des Vergleichsvorschlags) und diese die Erklärung, dass sie derzeit keinerlei Unterhaltsansprüche gegen den Antragsteller inne habe abgeben, sowie den vorhandenen Unterhaltstitel an den Antragsteller herausgeben sollte (Ziff. 2 des Vergleichsvorschlags); außerdem schlug der Antragsteller vor, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben (Ziff. 3 des Vergleichsvorschlags). Hierauf erwiderte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.3.2012, dass sie zu einer Kostenteilung nicht bereit sei und sich allenfalls vorstellen könne, nach Abschluss des Vergleichs zu den Ziff. 1) und 2) die Hauptsache für erledigt zu erklären und das Gericht bei entsprechendem wechselseitigem Kostenantrag nach § 91a ZPO über die Verteilung der Kosten entscheiden zu lassen. Dazu hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 26.3.2012 erklärt, dass eine Erledigungserklärung erfolgen und das Gericht über die Kosten entscheiden solle. Diese Anregung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 27.3.2012 aufgegriffen, einen entsprechenden Vergleichsvorschlag unterbreitet und bereits in diesem Schriftsatz beantragt, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens gem. § 91a ZPO aufzuerlegen. Auf dieser Grundlage ist dann der gerichtlich festgestellte Vergleich zustande gekommen. Es kann bei dieser Sachlage kein Zweifel daran bestehen, dass die Beteiligten mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Entscheidung des Familiengerichts über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes herbeiführen und die Geltung der Auslegungsregel des § 98 ZPO gerade ausschließen wollten.
Der Senat hält es vorliegend für angemessen, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens insgesamt trägt, denn er ist im Wesentlichen unterlegen (Rechtsgedanke des § 92 ...