Leitsatz (amtlich)
1. Die Vollstreckung aus Umgangstiteln hat nicht gem. § 35 FamFG, sondern nach Maßgabe der §§ 86 ff. FamFG zu erfolgen; denn § 35 FamFG erfasst allgemeiner Auffassung zufolge nur verfahrensleitende gerichtliche Anordnungen.
2. Eine auf § 35 FamFG gegründete Zwangsgeldanordnung kann keine Grundlage für eine Ordnungsgeldverhängung nach § 89 FamFG sein; das Rechtsmittelgericht kann indes die unterbliebene Folgenankündigung nach § 89 Abs. 2 FamFG nachholen.
Verfahrensgang
AG St. Wendel (Beschluss vom 12.07.2013; Aktenzeichen 6 F 215/12 UG) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Zwangsgeldbeschluss des AG - Familiengericht - in St. Wendel vom 12.7.2013 - 6 F 215/12 UG - aufgehoben.
Die Beteiligten werden nach § 89 Abs. 2 FamFG darauf hingewiesen, dass das Gericht bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Wendel vom 26.3.2013 - 6 F 215/12 UG - ergebenden Verpflichtungen gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen kann. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen.
2. Die in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Beschwerdeführerin wird mit Wirkung vom 8.8.2013 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt, bewilligt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde hat - aus rein formalen Gründen - Erfolg und führt zur ersatzlosen Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung.
Das Familiengericht hat im rechtlichen Ausgangspunkt grundlegend verkannt, dass die Vollstreckung aus Umgangstiteln - wie dem Umgangsbeschluss vom 26.3.2013 - nicht gem. § 35 FamFG, sondern nach Maßgabe der §§ 86 ff. FamFG zu erfolgen hat (BVerfG FamRZ 2011, 957; BGH FamRZ 2012, 533; 2011, 1729). § 35 FamFG erfasst demgegenüber allgemeiner Auffassung zufolge nur verfahrensleitende gerichtliche Anordnungen (OLG Zweibrücken FamRZ 2010, 1369 m.w.N.).
Die erkannte Verhängung von Zwangsgeld entbehrt daher einer Grundlage. Sie kann auch weder in eine Ordnungsgeldfestsetzung umgedeutet werden noch kann der Senat die erstinstanzliche Zwangsgeldanordnung im Beschwerdeverfahren durch eine Ordnungsmittelverhängung ersetzen. Letzteres scheitert daran, dass es an der hierfür zwingend notwendigen Ankündigung einer Ordnungsmittelverhängung (§ 89 Abs. 2 FamFG) fehlt. Denn im Umgangsbeschluss vom 26.3.2013 war lediglich - ausdrücklich auf dem Boden von § 35 FamFG - die Verhängung eines Zwangsgeldes angedroht worden. Eine Zwangsgeldandrohung kann indes keine Grundlage für eine Ordnungsgeldverhängung sein (vgl. BGH FamRZ 2011, 1729).
Nach alledem ist der angefochtene Beschluss aufzuheben; zugleich holt der Senat die Folgenankündigung des § 89 Abs. 2 FamFG nach (vgl. BGH, a.a.O.).
Die Anordnung einer Kostenerstattung entspräche bei den gegebenen Umständen nicht der Billigkeit.
Der kostenarmen Beschwerdeführerin ist unter - hier gebotener - Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten ratenfreie Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (§§ 76 Abs. 1, 78 Abs. 2 FamFG, 114 S. 1 ZPO).
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 5357178 |
FPR 2013, 6 |
FF 2014, 40 |
FamFR 2013, 496 |
ZKJ 2013, 507 |