Leitsatz (amtlich)
Fragt der Versicherer nach dem Kaufpreis eines angeblich entwendeten Kraftfahrzeugs, so verletzt die Angabe eines "Listenpreises" die Aufklärungsobliegenheit.
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 17.5.2005 - 14 O 169/04 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, ein französischer Staatsangehöriger, der in Berlin einen Weinhandel betreibt und der der deutschen Sprache mächtig ist, unterhielt für seinen Chevrolet Blazer mit dem amtlichen Kennzeichen ... bei der Beklagten eine Fahrzeugvollversicherung. Im August 2003 meldete er der Beklagten die - behauptete - Entwendung seines Pkw zwischen dem 16.8. und dem 18.8.2003 zunächst telefonisch und dann mit einer Schadenmeldung vom 19.8.2003, auf der er die Frage "Wann haben Sie das Fahrzeug gekauft?" mit "1.3.2002" und die sich anschließende Frage nach dem Kaufpreis mit 39.000 EUR angab. Den Kilometerstand am Schadenstag bezifferte er auf 22.000. Die in einem beigefügten Formular enthaltenen Fragen, von welchen Personen das Fahrzeug benutzt worden und ob das Fahrzeug in letzter Zeit verliehen worden sei sowie nach reparierten und nicht reparierten Vorschäden beantwortete er mit einem Querstrich. Die Beklagte, der wegen des Kaufpreises Bedenken gegen die Angaben des Klägers gekommen waren, bat mit Schreiben vom 29.8.2003 um Vorlage von Rechnungen. Daraufhin übersandte der Kläger ihr eine Reparaturrechnung vom 12.3.2003, aus der sich ein Kilometerstand von 21.000 ergab; der Kläger erläuterte, er sei in den letzten Monaten ca. 8.000 km gefahren, die Laufleistung betrage folglich 28.000 km. Mit einem weiteren Schreiben vom 29.9.2003 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass eine Überprüfung der eingereichten Schlüssel ergeben habe, dass mindestens ein Nachschlüssel gefertigt worden sei. Daraufhin gab der Kläger seiner Überraschung über diese Feststellung Ausdruck und unterrichtete die Beklagte, er selbst habe nie einen Nachschlüssel anfertigen lassen, den Schlüssel aber gelegentlich für Werkstattaufenthalte und seinen Angestellten ausgehändigt, der Wagen sei als Lieferfahrzeug ständig genutzt worden.
Nachdem die Beklagte auf Grund einer Recherche entdeckt hatte, dass der Pkw im Jahr 2002 einen Schaden am hinteren Stoßfänger - die Reparaturkosten hätten rund 630 EUR ausgemacht - gehabt, bei einer Inspektion Ende Juli 2003 bereits einen Kilometerstand von 31.502 km aufgewiesen hatte und im Übrigen vom Kläger für 28.680 EUR erworben worden war, berief sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten. Das LG Saarbrücken hat die Klage auf Zahlung einer Kaskoentschädigung durch Urteil vom 17.5.2005 - 14 O 169/04 - zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Der Kläger trägt vor, die Frage nach dem Kaufpreis habe er - deutsch sei eben nicht seine Muttersprache - als Frage nach dem Listenpreis verstanden und so richtig beantwortet. Den Kilometerstand habe er nicht vorsätzlich falsch angegeben; er habe sich an ihn vielmehr nicht mehr erinnern können, was schon daraus folge, dass er zu jeder Gelegenheit andere Angaben gemacht habe. Im Übrigen sei er sich der Bedeutung des Kaufpreises für die Schätzung des Wertes des Pkw nicht bewusst gewesen, was sich schon daraus ergebe, dass er der Polizei ggü. einen Fahrzeugwert von 15.000 EUR genannt habe. Die Frage nach den Benutzern des Pkw habe er als Frage nach Personen verstanden, die einen eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielraum über den Wagen gehabt hätten. Der ständige Gebrauch durch Dritte im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Klägers sei für ihn nicht erfasst gewesen. Den vergleichsweise geringfügigen Schaden am hinteren Stoßfänger habe er als nicht erfragt betrachtet. "Kleinere Blessuren" würden in Frankreich nicht als Vorschäden verstanden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Saarbrücken vom 17.5.2005 zu dem Geschäftszeichen 14. O. 169/04 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte ist gem. § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 Abs. 1 (2) S. 3, V (4) AKB leistungsfrei, weil der Kläger seine Obliegenheit, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, verletzt und nicht, wie § 6 Abs. 3 VVG verlangt, nachzuweisen vermocht hat, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat.
a) Ob das daraus folgt, dass der Kläger de...