Leitsatz (amtlich)
Kollidieren zwei jeweils rückwärts ausparkende Pkw auf einem unübersichtlichen Parkplatz, berechtigt allein der Umstand, dass einer der beiden Pkw in einem nicht näher einzugrenzenden Zeitpunkt vor dem Zusammenstoß zum Stehen gekommen war, insoweit nicht zur Annahme eines unabwendbaren Ereignisses und tritt die Betriebsgefahr dieses Pkw im Einzelfall nicht schon wegen des vorkollisionären Stillstands zurück.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 3 O 174/17) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 18.10.2018 (Aktenzeichen 3 O 174/17) wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Am 20.06.2017 ereignete sich auf dem unbefestigten, nicht mit Markierungen versehenen Parkplatz des Bades in Sch. ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin als Fahrerin des Pkw VW Beetle mit dem amtlichen Kennzeichen XXX-XXX, der jedenfalls vor dem Zusammenstoß rückwärts aus einer Parklücke herausgefahren war, und die Beklagte zu 1 als Halterin und der Beklagte zu 2 als Fahrer des bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversicherten, aus einer anderen Parklücke zurücksetzenden Pkw BMW 5-er Reihe Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX XXXX beteiligt waren. Die Klägerin forderte die Beklagte zu 3 mit Anwaltsschreiben vom 29.06.2017 unter Fristsetzung zum 09.07.2017 und mit weiterem Anwaltsschreiben vom 12.07.2017 unter Nachfristsetzung zum 26.07.2017 ohne Erfolg zur Regulierung auf.
Die Klägerin hat Reparaturkosten in Höhe von 5.005,91 EUR netto, eine Wertminderung in Höhe von 500 EUR, Gutachterkosten in Höhe von 887,26 EUR und eine Auslagenpauschale in Höhe von 26 EUR ersetzt verlangt. Sie hat behauptet, im Unfallzeitpunkt Eigentümerin des - scheckheftgepflegten - Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXX-XXX gewesen zu sein. Sie habe auf dem Parkplatz gestanden, nachdem sie zuvor aus der Parklücke gefahren sei. Der Beklagte zu 2 habe sie übersehen und sei rückwärts in die Seite ihres Fahrzeugs gefahren.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an die Klägerin 6.419,17 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2017 zu zahlen und
2. die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 650,34 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2017 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, während der Beklagten-Pkw im Zuge der Parkplatzsuche langsam zurückgesetzt worden sei, nachdem die Beklagten zu 1 und 2 jeweils vorher in den Rückspiegel geschaut hätten, um anschließend nach vorne in eine Parklücke zu fahren, und der Weg zwischen den Fahrzeugen frei gewesen sei, sei die Klägerin zeitlich unmittelbar später ihrerseits rückwärts aus der Parklücke herausgefahren. Die Einparkhilfe des Beklagten-Pkw habe kein akustisches Warnsignal gegeben, was dagegen spreche, dass die Klägerin schon vor dem Beginn der Rückwärtsfahrt des Beklagten-Pkw aus ihrer Parklücke herausgefahren sei. Die Eigentümerstellung der Klägerin sowie ihre Aktivlegitimation in Bezug auf die Gutachterkosten haben die Beklagten bestritten. Hinsichtlich der Reparatur müsse sich die Klägerin angesichts des Alters und der Laufleistung des Pkw auf eine von zwei genannten freien Werkstätten verweisen lassen, in welcher die Reparaturkosten lediglich 4.175,91 EUR betragen hätten.
Das Landgericht hat die Klägerin (Bd. I Bl. 84 f. d. A.), den Beklagten zu 2 (Bd. I Bl. 85 f. d. A.) und die Beklagte zu 1 (Bd. I Bl. 86 d. A.) als Partei angehört und Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 22.02.2018 (Bd. I Bl. 96 ff. d. A.) durch Einholung des verkehrstechnischen Gutachtens der Dipl.-Ing. G. H. GmbH vom 25.07.2018 (Bd. I Bl. 117 ff. d. A.). Mit dem am 18.10.2018 verkündeten Urteil (Bd. I Bl. 175 ff. d. A.) hat das Landgericht unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 5.135,34 EUR und weitere 571,44 EUR zu zahlen, und zwar die Beklagten zu 1 und 3 jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2017 und den Beklagten zu 2 jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2017. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.
Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch auf der Grundlage einer Haftungsquote von 100 v. H. weiter. Sie macht geltend, der Verkehrsunfall habe für sie entgegen der Auffassung des Landgerichts ein unabwendbares Ereignis dargestellt, weshalb die Betriebsgefahr ihres Pkw im Rahmen der Haftungsabwägung nicht zu berücksichtigen sei. Nachdem das Beklagten-Fahrzeug ...