Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen des § 107 InsO beim Verkauf eines sicherungsübereigneten Kraftfahrzeugs.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 28.12.2012; Aktenzeichen 4 O 199/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 28.12.2012 - 4 O 199/12 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Herausgabe eines Pkw der Marke Daimler Chrysler, Fahrzeugidentitätsnummer.
Der Kläger war Gesellschafter, seine Schwester, die Zeugin, Geschäftsführerin der Fa. D.-W.-S. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Zugleich war der Kläger im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Schuldnerin tätig. Über das Vermögen dieser Gesellschaft ist am 1.4.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden (111 IN 72/11), nachdem er zuvor in einem vorläufigen Insolvenzverfahren als Sachverständiger eine Inventarisierung vorgenommen hatte. Das in Rede stehende Fahrzeug, das die Schuldnerin im Rahmen eines für die Zeit vom 1.4.2004 bis 30.9.2008 mit der Fa. bzw. der F. GmbH, abgeschlossenen Leasingvertrages genutzt hatte und für das ab dem 1.10.2008 eine Anschlussfinanzierung vereinbart worden war, war bis zur Ablösung der Restschuld am 19.4.2012 durch den Kläger i.H.v. 1.792,71 EUR an die F. GmbH sicherungsübereignet gewesen. Am 23.4.2012 ist das Fahrzeug auf die Ehefrau des Klägers umgemeldet worden. Der Beklagte nahm das sich auf dem Betriebsgelände der Schuldnerin befindende Fahrzeug im April 2012 in Besitz.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger vor Insolvenzeröffnung wirksam Eigentum bzw. ein Anwartschaftsrecht an dem Fahrzeug erlangt hat. Insoweit behauptet der Kläger, mit der Schuldnerin zwecks Ablösung von Forderungen der Knappschaft und Abwendung eines Insolvenzantrages am 22.12.2010 einen Kaufvertrag abgeschlossen und das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 9.500 EUR zu den dort weiter genannten Modalitäten erworben zu haben (GA 51). Der Kaufpreis sei u.a. durch die Auszahlung von der Hypovereinsbank am 15.12.2010 i.H.v. 850 EUR, Auszahlung einer Lebensversicherung am 13.12.2010 i.H.v. 889,89 EUR und Auszahlung einer Krankenversicherung am 20.12.2010 i.H.v. 5.155,53 EUR aufgebracht worden (GA 72 ff.). Der Restbetrag sei durch Verrechnung mit Lohnforderungen sowie Zahlung von 1.800 EUR an den Rechtsanwalt der Lieferantin beglichen worden. Da das Fahrzeug oftmals für Firmenzwecke genutzt worden sei, sei mit der Schuldnerin, vertreten durch die Geschäftsführerin, vereinbart worden, dass das Fahrzeug auf die Schuldnerin angemeldet wird und sämtliche Aufwendungen (Steuern, Versicherung pp) von der Schuldnerin getragen werden. Zur Sicherheit habe er den Fahrzeugbrief bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II erhalten. Es sei lediglich ein Ford Focus () als Dienstwagen versteuert worden.
Der Beklagte hat demgegenüber eingewandt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt Eigentümer des Fahrzeugs geworden sei. Im Rahmen der Inventarisierung sei lediglich ein geleastes Fahrzeug der Marke Fiat Ducato angegeben worden. Erst nach Insolvenzeröffnung und Übersendung der Kfz-Steuerbescheide für das streitgegenständliche Fahrzeug () im April 2012 habe die Geschäftsführerin auf (wiederholte) Nachfrage angegeben, dass es sich um ein bereits im Januar an das Autohaus zurückgegebenes Fahrzeug handele und das Fahrzeug abgemeldet werde. Am 23.4.2012 habe sie sodann angegeben, das Auto ganz vergessen zu haben, es handele sich um dasjenige, das 2010 an ihren Bruder verkauft worden sei, der das Fahrzeug auch bar bezahlt habe. Hierzu habe sie Kontoauszüge ihres Privatkontos vorgelegt, auf dem zwei Gutschriften aus Lebensversicherungen über 889,89 EUR und 5.155,53 EUR verbucht gewesen seien. Auf einem Geschäftskonto pp sei keine Zahlung verbucht worden. In der Buchhaltung finde sich lediglich eine handschriftliche Notiz der Geschäftsführerin betreffend eine Einlage des Klägers i.H.v. 5.000 EUR und 850 EUR. Die genannten Beträge seien nie in das Vermögen der Schuldnerin gelangt. Zudem werde das Fahrzeug in der Bilanz 2010 noch als Anlagevermögen geführt und sei eine Ummeldung am 11.1.2012 von der Gesellschaft "in Gründung" auf die Schuldnerin erfolgt. Auch habe der Kläger bis zum 31.3.2012, also bis zu dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses, von der sog. 1 % - Regelung Gebrauch gemacht (GA 56 ff.). Hiernach sei die Schuldnerin zweifellos wirtschaftlicher Eigentümer des Fahrzeugs und versuche der Kläger in kollusivem Zusammenwirken mit der Geschäftsführerin, das Fahrzeug der Insolvenzmasse zu entziehen.
Das LG hat nach Anhörung des Klägers und Durchführung einer Beweisaufnahme im Termin vom 6.12.2012, in dem die gestellten Zeugen (Steuerberater) und (Buchhalterin) wegen Verweigerung der Entbindung von der Schweigepflicht seitens der Beklagten nicht vernommen worden sind, die...