Leitsatz (amtlich)
Ein obligatorisches Schlichtungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn es sich bei der Beklagten um eine (saarländische) Gemeinde handelt; § 13 Abs. 3 SSchO findet insoweit keine Anwendung.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 216/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28.12.2018 (Aktenzeichen 4 O 216/17) teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagenden Miteigentümer des an der Einmündung der ... pp. Straße befindlichen Anwesens ...pp. straße XX in ... pp. machen gegenüber der beklagten Stadt wegen einer auf deren Straßengrundstück ... pp. Straße in einer Entfernung von circa 2 m zur dortigen straßenseitigen Hauswand der Kläger stehenden, circa 15 m hohen Eiche Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche geltend.
Die Kläger haben ein landesrechtliches Schlichtungsverfahren für nicht erforderlich gehalten und behauptet, es sei mehrfach zu Verstopfungen des Abwasserkanals des Hausanwesens gekommen, die durch ein Unternehmen hätten beseitigt werden müssen. Dabei sei auch die Hausanschlussleitung unmittelbar im Haus untersucht und festgestellt worden, dass die Rohre durch Wurzeln der Eiche beschädigt worden seien. Deswegen müsse die Hausanschlussleitung erneuert werden, was gemäß Angebot der Firma St. 7.524,87 EUR netto kosten werde. Der Anbau, in dem sich die Waschküche als Ausgangspunkt der Anschlussleitung befinde, sei erst vor circa 25 Jahren errichtet worden. Es sei zu befürchten, dass es wegen der Wurzeln, die auch in das Mauerwerk des Hauses wüchsen, zu weiteren Schäden kommen könne, insbesondere könne das Haus absinken. Der Bürgersteig vor dem Anwesen habe sich bereits gesenkt. Das Vordach des Hauseingangsbereichs sei bereits beschädigt worden. Über das ganze Jahr hinweg verliere der Baum Blätter und Äste, was zu erhöhtem Reinigungsbedarf etwa hinsichtlich der Regenrinnen führe. So müsse etwa eine Stunde je Woche für die Säuberung des Grundstücks aufgewendet werden. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass ihnen hierfür ein Ausgleich in Höhe von 52 Wochen mal eine Stunde mal 8,84 EUR zustehe.
Die Kläger haben beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 7.524,87 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2017 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die durch die auf dem Grundstück der Beklagten in unmittelbarer Nähe zum Hausanwesen der Kläger in ... pp., ... pp. Straße XX, stehende Eiche und deren Wurzeln im Abwasserkanal entstanden sind, und
3. die Beklagte zu verurteilen, die auf ihrem Grundstück unmittelbar an der Grenze zum Hausanwesen der Kläger in ... pp., ... pp. Straße XX, stehende Eiche mit einer Höhe von circa 15 m zu entfernen;
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die auf das Grundstück der Kläger überragenden Wurzeln der genannten Eiche zu entfernen;
äußerst hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger eine jährliche Ausgleichsentschädigung in Höhe von 459,68 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Verursachung einer Eigentumsverletzung in Abrede gestellt und behauptet, die Schäden an der mindestens 70 Jahre alten Abwasserleitung seien dadurch eingetreten, dass Muffen oder Rohre selbst beschädigt gewesen seien. In eine den Vorgaben der DIN 1986 entsprechende Abwasserleitung könne Wurzelwerk nicht einwachsen. Auf Grund des Alters der vorhandenen Abwasserleitung liege deren Wert bei null. Das vorgelegte Angebot enthalte Positionen, die offenbar bisher nicht vorhanden gewesen seien, etwa eine Rückstauklappe. Ein Anspruch auf Beseitigung des Baumes ist nach Auffassung der Beklagten gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 2 NachbG SL nicht gegeben. Weiter hat die Beklagte behauptet, der - gesunde - Baum werde in regelmäßigen Abständen, auch zum Haus der Kläger hin, zurückgeschnitten. Sollte es zum Eintrag von Laub und Astwerk kommen, sei dies im Hinblick auf die Funktion sogenannten Begleitgrüns ortsüblich.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme laut dem Beweisbeschluss gemäß § 358a ZPO vom 09.02.2018 (Bd. I Bl. 66 f. d. A.) sowie durch mündliche Erläuterung der Gutachten der Sachverständigen K. J. und U. F. (Bd. II Bl. 217 Rücks. d. A. ff.) mit dem am 28.12.2018 verkündeten Urteil (Bd. II Bl. 228 ff. d. A.) unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte verurteilt, die Wurzeln der auf ihrem Grundstück ... pp. Straße unmittelbar an der Grenze zum Hausanwesen der Kläger in ... pp., ... pp. Straße XX, stehenden Eiche, die auf das Grundstück der Kläger übergewachsen sind, bis zur Grenze ihres Grundstücks zu entfernen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.