Leitsatz (amtlich)

Ereignet sich ein Verkehrsunfall in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger, so kann der Anscheinsbeweis dafür streiten, dass der Fußgänger unter Missachtung der Sorgfaltsanforderungen des § 25 Abs. 3 StVO ohne hinreichende Beachtung des Fahrzeugsverkehrs auf die Fahrbahn trat. Allerdings ist der Anscheinsbeweis erschüttert, wenn die Straße in der Annährungsrichtung des unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs nur eingeschränkt eingesehen werden kann und die Möglichkeit besteht, dass der Kraftfahrer bei Beginn der Überquerung noch nicht wahrgenommen werden konnte.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 15.07.2009; Aktenzeichen 9 O 81/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 15.7.2009 - 9 O 81/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.728 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.9.2007 zu zahlen.

b. Der Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von der Inanspruchnahme durch den Kfz-Sachverständigen A. L., [Straße, Nr.], [PLZ, Ort] zum Aktenzeichen ~7 mit Gutachterkosten i.H.v. 589,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.9.2007 und durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 446,13 EUR freizustellen.

c. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

1. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt 1/3, der Beklagte 2/3 von den Kosten des ersten Rechtszuges. Von den Kosten des Berufungsrechtszugs trägt der Kläger 1/9, der Beklagte 8/9.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.857,61 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger den Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls, welcher sich am 24.8.2007 gegen 17:15 Uhr auf der L 157 ereignete, auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger befuhr mit seinem Motorrad der Marke Suzuki GSX R 1000 mit dem amtlichen Kennzeichen ...-...-... die Landstraße von W. in Richtung R.. Die Unfallörtlichkeit liegt aus der Fahrtrichtung des Klägers in einer lang gezogenen Linkskurve; etwa 100 m vor der Unfallörtlichkeit ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h herabgesetzt. Im Bereich der Unfallstelle mündet aus Richtung des Klägers gesehen von links der Weg "[A. d.A.]" in die Landstraße ein, der sich rechts von der Landstraße in die Zufahrt zum B. Kapellchen verlängert.

Der Beklagte war mit dem Zeugen B., seinem Vater, auf der Straße "[A. d.A.]" unterwegs und wollte die L 175 überqueren. Standort und Verhalten des Beklagten im Zeitpunkt der Annäherung des Klägers stehen zwischen den Parteien im Streit. Unstreitig bremste der Kläger sein Motorrad stark ab, stürzte, fiel vom Motorrad und rutschte beziehungsweise schleuderte weiter, bis er - ohne den Beklagten oder dessen Fahrrad zu berühren - an einer Böschung rechts der Fahrbahn zum Stillstand kam. Der Kläger wurde verletzt. An dem Motorrad entstand Sachschaden.

Der Kläger hat behauptet, sein Motorrad mit angepasster und zulässiger Geschwindigkeit geführt zu haben. Er habe den Beklagten erstmals wahrgenommen, als dieser sein Fahrrad aus Richtung des Klägers von links über die Landstraße geschoben habe. Der Beklagte habe sich zu diesem Zeitpunkt zügig gehend etwa im Bereich der Mittellinie befunden. Hätte der Beklagte die Überquerung in bisheriger Weise zügig fortgesetzt, so hätte er die Fahrbahn längst geräumt gehabt, bevor der Kläger den Kreuzungsbereich erreicht hätte.

Nunmehr sei der Beklagte jedoch unvermittelt auf der rechten Fahrbahn mittig stehen geblieben, wobei er mit seinem Fahrrad die Fahrspur des Klägers zum überwiegenden Teil versperrt habe. Als der Kläger das ungewöhnliche und unerwartete Verhalten des Beklagten wahrgenommen habe, habe er sein Motorrad sofort stark abgebremst. Hierbei sei er gestürzt.

Der Kläger hat die Erstattung des an seinem Motorrad entstandenen Sachschadens, den er in Gestalt des Wiederbeschaffungsaufwandes unter Berücksichtigung eines Wiederbeschaffungswertes von 9.900 EUR abzgl. darin enthaltener Umsatzsteuer i.H.v. 198 EUR und eines Restwerts von 4.135 EUR mit 5.567 EUR beziffert. Darüber hinaus hat der Kläger die Freistellung von Gutachterkosten i.H.v. 883,81 EUR sowie die Zahlung einer Kostenpauschale i.H.v. 26 EUR erstrebt. Schließlich hat der Kläger den Beklagten auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.593 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.9.2007 sowie außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 603,93 EUR zu zahlen;

2. den Beklagten weiterhin zu verurteilen, ihn von der Inanspruchnahme durch den Kfz-Sachverständigen A. L., [Straße, Nr.] (richtig:...), [PLZ, Ort], zum Aktenzeichen ~7 (richtig: ~7) mit Gutachterkosten i.H.v. 883,81 EUR ...

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