Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt im Zivilprozess verhält sich im Allgemeinen gegenüber seinem Auftraggeber pflichtgemäß, wenn er bei einer dem Sachverständigenbeweis zugänglichen Behauptung seiner Partei einen den gesetzlichen Anforderungen des § 403 ZPO genügenden Beweisantrag stellt. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, den Weg mitzuteilen, auf dem der Sachverständige zu dem behaupteten Ergebnis kommen soll oder aus welchem Fachgebiet der Sachverständige bestimmt werden soll, besteht für den Rechtsanwalt grundsätzlich nicht.
Normenkette
BGB §§ 280, § 280 ff.; ZPO § 403
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 05.08.2013; Aktenzeichen 9 O 418/12) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 5.8.2013 (Aktenzeichen 9 O 418/12) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den beklagten Rechtsanwalt, der in der Kanzlei Rechtsanwälte pp. tätig ist, unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Pflichten aus dem Rechtsanwaltsvertrag auf Schadensersatz in Anspruch.
In der Nacht vom ... 2002 unternahmen der Kläger und A. G., nachdem sie zusammen getrunken hatten, in alkoholisiertem und nicht angeschnalltem Zustand mit dem Pkw Opel Corsa A (amtliches Kennzeichen ...-...) der Mutter des Klägers eine Fahrt nach M.. Gegen 1.10 Uhr kam das Fahrzeug auf der L157 zwischen L. und B. nach rechts von der Fahrbahn ab, fuhr in den Straßengraben und kam an der linken Böschung zum Stehen. Herr G. befand sich jedenfalls nach dem Unfallgeschehen außerhalb des Fahrzeugs, der Kläger wurde von Helfern im Fond des Fahrzeugs aufgefunden. Er erlitt eine Querschnittslähmung ab dem Halswirbelkörper C7. Der Beklagte machte Namens und im Auftrag des Klägers mit der Behauptung, den Pkw habe Herr G. gefahren, gegen diesen und den Haftpflichtversicherer des Pkw der Mutter des Klägers außergerichtlich und gerichtlich Schadensersatzansprüche geltend. Das LG hat im Vorprozess die Klage nach Beweisaufnahme durch Urteil vom 17.8.2008 (Aktenzeichen 3 O 141/06) abgewiesen. Der Senat hat nach ergänzender Beweisaufnahme die Berufung des Klägers durch Urteil vom 21.4.2009 (Aktenzeichen 4 U 395/08 - 122) zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist durch Beschluss des BGH vom 12.1.2010 (Aktenzeichen VI ZR 164/09) zurückgewiesen worden. Der Kläger beanspruchte mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 14.3.2011 gegenüber dem Berufshaftpflichtversicherer des Beklagten Schadensersatz.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, den Vorprozess auf Grund anwaltlichen Fehlverhaltens des Beklagten verloren zu haben. Der Beklagte hätte in der Verhandlung vom 26.6.2008 vor dem LG ein medizinisches Sachverständigengutachten beantragen bzw. angesichts des im weiteren Verfahren 12 O 198/04 vor dem LG Saarbrücken eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. P. einen Antrag auf Einholung eines Obergutachtens stellen müssen. Die Haftungshöchstgrenze von 7,5 Mio. EUR werde im vorliegenden Fall nicht ausgeschöpft. Zur Leistungsfähigkeit des A. G. könne der Kläger nichts sagen. Ein Mitverschulden des Klägers, weil er sich zu einem alkoholisierten Fahrer ins Fahrzeug gesetzt habe, sei niedriger anzusetzen, da der Kläger seinerseits eine BAK von 1,54 v.T. gehabt habe. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass der Kläger die Verletzungen auf Grund des intensiven Unfallereignisses auch dann erlitten hätte, wenn er angeschnallt gewesen wäre.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt (Bd. I Bl. 1, 64, 139 d.A.),
1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den ihm infolge des Unfallgeschehens vom 21.9.2002 auf der Landstraße 157 von L. nach B. entstandenen und noch zukünftig entstehenden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist oder noch übergehen wird und
2. den Beklagten zu verurteilen, verauslagte außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.188,44 EUR an die D.A.S. Rechtsschutz-Versicherung AG, 81728 München, zur Schadennummer ...-... zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat den Klageantrag für zu weit gefasst gehalten, weil der Kraftfahrthaftpflichtversicherer lediglich im Rahmen der auch im Regressprozess geltenden Haftungshöchstgrenze gehaftet hätte. Ferner habe der Kläger keinen Vortrag zur Leistungsfähigkeit des Herrn G. gehalten. Eine Pflichtverletzung des Beklagten scheitere schon daran, dass dieser sehr wohl die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt habe. Die Anwaltspflicht erstrecke ...