Leitsatz (amtlich)

Hat der Geschädigte den vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Betrag gezahlt, kann dieser Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO auch dann ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sein, wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen keine Preisvereinbarung getroffen hat.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 305, 307, 310 Abs. 3, § 632 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 01.12.2023; Aktenzeichen 7 O 47/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1.12.2023 - 7 O 47/21 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger über den durch das angefochtene Urteil titulierten Betrag hinausgehend weitere 2.035,45 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen das Sachverständigenbüro ... GmbH wegen Überzahlung des werkvertraglichen Vergütungsanspruchs betreffend den Auftrag zur Gutachtenerstellung vom 17.9.2020 (Gutachten Nr...).

II. Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 48 % und die Beklagte zu 52 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 17.9.2020 in ... ereignet hat. Die alleinige Haftung der Beklagten steht außer Streit.

Mit der Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 11.806,62 EUR (4.953,17 EUR restliche Reparaturkosten + 1.500,- EUR Wertminderung + 3.318,- EUR Nutzungsausfall + 2.035,45 Sachverständigenkosten) nebst Zinsen und restlichen vorgerichtlichen Anwaltsgebühren von 99,01 EUR in Anspruch genommen. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht, auf dessen tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 4.150,40 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es - soweit in der Berufung noch von Interesse - ausgeführt, die Sachverständigenkosten könne der Kläger nicht verlangen, da er dem Schadengutachter vorhandene Vorschäden verschwiegen und hierdurch die Unbrauchbarkeit des Schadensgutachtens verschuldet habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die Sachverständigenkosten weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1.12.2023, Az. 7 U 47/21 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.035,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II. Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Kläger die Sachverständigenkosten in der von ihm gezahlten Höhe erstattet verlangen, allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung seiner Bereicherungsansprüche gegen den Schadengutachter.

1. Zutreffend ist das Landgericht - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass der Kläger in Bezug auf die Sachverständigenkosten aktivlegitimiert ist.

Zwar hat der Kläger im Auftrag zur Gutachtenerstellung seine Schadensersatzansprüche an den Sachverständigen abgetreten (Bl. 62 GA). Die "Zahlungsanweisung und Sicherungsabtretungserklärung", bei der es sich nach Maßgabe der § 305 Abs. 1 BGB i.V.m. § 310 Abs. 3 BGB unzweifelhaft um eine vom Sachverständigen gestellte allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist indes gemäß § 307 BGB unwirksam. Die Klausel

"Durch diese Sicherungsabtretung werden die Ansprüche des KFZ-Sachverständigenbüros aus dem Sachverständigenvertrag gegen mich nicht berührt. Es kann die Ansprüche gegen mich jederzeit geltend machen, verzichtet dann jedoch Zug um Zug gegen die Erfüllung auf die Rechte aus der Sicherungsabtretung gegenüber den Anspruchsgegnern".

verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ihr Wortlaut legt nahe, der Sachverständige habe bei Inanspruchnahme des Geschädigten gegenüber den Schuldnern der Schadensersatzforderung, also gegenüber Schädiger und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, auf die Schadensersatzforderung zu verzichten. Zu der Frage, welche Rechte dem Geschädigten gegenüber dem Sachverständigen zustehen sollen, wenn der Sachverständige nach der Abtretung seinen vertraglichen Honoraranspruch gegen den Geschädigten geltend macht, verhält sich die Klausel damit nicht hinreichend deutlich. Sie ist daher intransparen...

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