Leitsatz (amtlich)
Ein an einer erheblichen, auf den Kontakt mit Feuchtigkeit und Lebensmitteln zurückzuführende Hauterkrankung an Händen und Armen leidender Koch ist nicht berufsunfähig, wenn er ohne ins Gewicht fallende gesundheitliche, zeitliche oder berufliche Belastungen durch Tragen von Schutzhandschuhen das Auftreten und die Verstärkung der Hauterkrankung verhindern kann. Dass die von ihm alternativ eingeschlagene Behandlung mit Kortikoiden einen Raubbau an der Gesundheit bedeutet, ist unerheblich.
Normenkette
VVG § 172; BUZ §§ 1-2
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 16.06.2011; Aktenzeichen 14 O 257/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 16.6.2011 verkündete Urteil des LG - Az.: 14 O 257/09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn diese nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 171.055,13 EUR (66.141,69 EUR Berufung gegen die Beklagte zu 1), 104.913,44 EUR Berufung gegen die Beklagte zu 2) festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt Leistungen aus Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen, die er bei den Beklagten unterhält.
Dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten zu 1) - Versicherungsschein-Nr. AAAAAAA vom 16.6.1993, Bl. 54 ff. d.A.) - liegen die "Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit und ohne Karenzzeit" (Bl. 60 ff. d.A.) zugrunde, dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten zu 2) - Versicherungsschein-Nr. 8252383 vom 21.2.1995 - die "Allgemeinen Bedingungen für Berufsunfähigkeitsleistungen". Beide Versicherungsverträge versprechen Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsbefreiung bei bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 %.
Der Kläger, von Beruf Koch, ist seit dem 1.4.1993 - alleiniger - Inhaber des Hotels/Restaurants "Zum Sch." in W. Er macht geltend, wegen massiver Hautbeschwerden mit Ekzembildungen an den Händen - und erstinstanzlich auch wegen eines subklinischen Diabetes mellitus mit Insulinresistenz und erhöhtem kardiovaskulären Risiko - seit dem 23.6.2005 arbeitsunfähig erkrankt zu sein.
Die Beklagte zu 1) gab vorgerichtlich die Erstellung eines "Berufskundlichen Berichts" der ASS GmbH vom 5.1.2006 (Bl. 73 d.A.) und eines dermatologischen Fachgutachtens des Universitätsklinikums des Saarlandes vom 7.7.2006 (Bl. 131 ff. d.A.) in Auftrag. Ferner holte sie über die A. GmbH Arztberichte der behandelnden Hautärzte Dr. L. O. vom 14.10.2005 (Bl. 114 ff. d.A.) und Dr. P. F. vom 9.11.2005 (Bl. 122 ff. d.A.) ein.
Der Kläger hat angegeben, vor allem in der Küche - mit der Vorbereitung und der Zubereitung von Speisen, in geringem Umfang auch mit Reinigungsarbeiten - unterstützt von Hilfskräften tätig zu sein. Hierauf sei in gesunden Zeiten an den Wochentagen ein Anteil von etwa acht Stunden, an den Samstagen von etwa zehn und an den Sonntagen von etwa zwölf Stunden entfallen. Hinzu kämen die täglichen Einkäufe frischer Zutaten und - in minimalem Umfang - die Erledigung kaufmännischer Tätigkeiten. Aufgrund seiner massiven Hautbeschwerden an Händen und Unterarmen, welche auf den Kontakt mit Nahrungsmitteln zurückzuführen seien, sei er gezwungen, regelmäßig Schutzsalben aufzutragen, den Kontakt mit Allergenen und insbesondere Nassarbeit zu vermeiden. Es liege auf der Hand, dass er hierdurch gehindert sei, seine oben beschriebene Tätigkeit als Koch weiterhin auszuüben, bei der er auch gezwungen sei, sich ständig die Hände zu waschen. Seither halte er den Betrieb durch den überobligationsmäßigen Einsatz von Hilfskräften auf 400 EUR-Basis und die Hilfestellungen Verwandter aufrecht. Wiederholte Arbeitsunfähigkeitszeiten und das Delegieren verschiedener Tätigkeiten hätten zu Besserungen des Hautbefundes geführt. Eine Umorganisation seines Betriebs - etwa durch Einstellung eines weiteren Kochs in Vollzeit - scheitere jedoch daran, dass dieser nicht genügend Gewinn abwerfe.
Unter hautärztlicher Anleitung habe der Kläger sämtliche ihm bekannten Pflegeprodukte ohne Erfolg ausprobiert. Die behandelnden Ärzte hätten seinen Fall als austherapiert angesehen. Das Tragen von Schutzhandschuhen sei nicht zumutbar, da es aufgrund vermehrter Schweißbildung kontraproduktiv sei und ihn außerdem bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit behindere, die eine "volle Sensibilität" seiner Hände verlange. Er führe aufgrund der langjährigen Gewöhnung an Hitze viele Tätigkeiten ohne Hilfsmittel - wie etwa Topflappen oder Pfannenwender - durch; die empfohlenen Schutzhandschuhe hielten der Hitzebelastung nicht stand. Auch der mit dem ständigen An- und Ausziehen der Handschuhe verbundene zeitliche Aufwand sei nicht zumutbar. Insgesamt sei eine Umste...