Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 06.04.1993; Aktenzeichen 8 O 4294/92) |
Tatbestand
Gegenstand der Klage ist ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld wegen der Verletzungen, die die Klägerin als Fußgängerin bei einem Verkehrsunfall am 09.05.1992 in St. W. erlitten hat. Die Klägerin war damals 71 Jahre alt. Sie war geh- und trotz einer Brille, die sie trug, sehbehindert. Der Beklagte zu 1) befuhr mit seinem Pkw Golf mit dem amtlichen Kennzeichen ... die Straße E. (= L 132) in Richtung O. In Höhe der Einmündung E.-Straße erfasste er trotz einer Vollbremsung die Klägerin, die die Straße - in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) gesehen - von links nach rechts überquerte. Die Klägerin wurde erheblich verletzt. Sie erlitt einen Wadenbeinbruch. eine schwere Schädelprellung sowie Prellungen am ganzen Körper. Sie befand sich 6 Wochen in stationärer Behandlung. Das verletzte Bein ist bis heute noch nicht voll gebrauchsfähig (Bl. 22 f. d.A.).
Die Klägerin, die von einer Alleinhaftung der Beklagten ausgegangen ist, hat ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld geltend gemacht, das sie in einer Größenordnung von 12.000 DM als angemessen angesehen hat.
Die Beklagten haben behauptet, der Beklagte zu 1) sei mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h gefahren (Bl. 29 d.A.). Aus der Blockierspur von rechts 5,95 und links 4,10 m ergebe sich sogar eine Geschwindigkeit von nur 35 km/h (Bl. 31 d.A.). Die Beklagten haben die Meinung vertreten, die Klägerin treffe die Alleinschuld am Zustandekommen des Unfalls (Bl. 31 d.A.). Sie sei nämlich über die Straße gegangen, ohne sich umzuschauen. Ihre Seh- und Gehbehinderung hätten erfordert, dass sie einen 43,80 m von der Unfallstelle entfernt liegenden Fußgängerüberweg benutzt (Bl. 30 d.A.). Keinesfalls sei ein Schmerzensgeld in der von der Klägerin angesprochenen Größenordnung angemessen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und ... (Bl. 64 ff. d.A.). Mit der Verwertung der Aussage der Zeugin ... in den Ermittlungsakten 66 Js 23672/92 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, die beigezogen waren, haben sich die Parteien einverstanden erklärt (Bl. 63 d.A.). Das Landgericht hat sodann durch Urteil vom 06.04.1993 - 8 O 4294/92 - die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 8.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.11.1992 verurteilt. Es hat ein Verschulden des Beklagten zu 1) bejaht, weil er mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 km/h und nicht auf Sicht gefahren sei, wofür der Anscheinsbeweis spreche (Bl. 75 f. d.A.). Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h wäre es dem Beklagten zu 1) bei entsprechender Aufmerksamkeit möglich gewesen, rechtzeitig anzuhalten oder durch eine leichte Ausweichbewegung den Unfall zu vermeiden. Demgegenüber falle der Klägerin ein wesentliches Mitverschulden nicht zur Last. Ihr sei allenfalls das Unterlassen der Benutzung des Fußgängerüberweges vorzuwerfen. Das hierin liegende Verschulden sei aber nur gering und trete hinter dem groben Verschulden des Beklagten zu 1) zurück (Bl. 78 d.A.).
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie rügen, dass das Landgericht von einer Mindestgeschwindigkeit des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) von 50 km/h ausgegangen ist. Dessen Geschwindigkeit habe vielmehr nur 35 km/h betragen. Die Annahme des Landgerichts, der Beklagte zu 1) sei mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren sei unzutreffend (Bl. 106 f. d.A.). Im Übrigen treffe die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden. Sie habe vor der Fahrbahnüberquerung nicht nach rechts oder links geschaut. Sie hätte bei Beginn der Fahrbahnüberquerung den Pkw des Beklagten zu 1) sehen können. Auch nach dem Betreten der Fahrbahn hätte sie auf den Fahrzeugverkehr achten müssen (Bl. 109 d.A.). Wegen des starken Fahrzeugverkehrs und ihrer Gehbehinderung hätte die Kläger auch den Fußgängerüberweg benutzen müssen. Die Klägerin habe ihre Sorgfaltspflichten gröblich verletzt, weswegen ihr das hauptsächliche Mitverschulden anzulasten sei (Bl. 110 d.A.).
Die Beklagten beantragen (Bl. 105, 128 d.A.), unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (Bl. 103, 128 d.A.), die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Höhe der vom Beklagten zu 1) gefahrenen Geschwindigkeit komme eine untergeordnete Rolle zu. Jedenfalls sei der Beklagte zu 1) nicht genügend aufmerksam gefahren (Bl. 115 d.A.). Im Übrigen verteidigen sie das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Die Akten 66 Js 23672/92 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken waren zur Ergänzung des Parteivortrags beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nur teilweise begründet.
Den Beklagten zu 1) trifft ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls, weil er unaufmerksam war (unter I). Auch die Klägerin h...