Leitsatz (amtlich)
1. Sieht die Satzung einer GmbH mit Gesellschaftern zweier Familienstämme vor, dass jeder Familienstamm einen Geschäftsführer benennen (bzw. abberufen) kann und muss dies laut Satzung einstimmig erfolgen, sind die Mitglieder des anderen Stammes nur dann zur Zustimmung verpflichtet, wenn der Vorschlag von allen Mitgliedern des Stammes getragen wird, der sein Präsentationsrecht ausübt.
2. Einer Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung der Hauptgesellschaft ist nicht deshalb unwirksam, weil ein Gesellschafter einem nur mit den Gesellschaftern seines Stammes geschlossenen Stimmbindungsvertrags zuwider handelt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 03.03.2004; Aktenzeichen 7-I O 87/03) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.3.2004 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des LG in Saarbrücken - 7-I O 87/03 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten (wegen deren Kosten) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
4. Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 75.000 Euro festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin ist Gesellschafterin der Beklagten. Bei der Beklagten handelt es sich um die mit der Führung der Geschäfte betraute persönlich haftende Gesellschafterin der Gebr. A. GmbH & Ko KG.
Der Geschäftsanteil der Klägerin an der Beklagten beträgt 10 %. Die übrigen Gesellschaftsanteile von ebenfalls jeweils 10 % werden von neun Gesellschaftern gehalten, die sich aus zwei Familienstämmen rekrutieren. Die "Stämme" umfassen jeweils 5 Gesellschafter mit zusammen jeweils 50 % der Geschäftsanteile. Es sind dies der Stamm A.A., zu dem die Klägerin und der Mitgeschäftsführer J.A. gehören, und der Stamm J.A. (§ 3 Abs. 4 der Satzung).
§ 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten (Bl. 12 ff. d.A.) bestimmt, dass die Gesellschaft einen oder zwei Geschäftsführer hat und dass jeder Stamm das Recht hat, einen Geschäftsführer zu benennen. Nach § 6 Abs. 3 sind zur Bestellung von Geschäftsführern alle zur Abstimmung berechtigten Stimmen erforderlich, während ansonsten die einfache und für bestimmte Entscheidungen eine qualifizierte Mehrheit von 80 % genügt (Bl. 18 d.A.).
Die Gesellschafter des Stammes A.A. haben sich zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte in der A.A. Nachfolger GbR zusammengeschlossen (Bl. 38 f. d.A.). Nach § 11 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der GbR sind deren Gesellschafter verpflichtet, in der Gesellschafterversammlung der Beklagten jeweils entsprechend einem zuvor in der Gesellschafterversammlung der GbR gefassten Beschluss abzustimmen.
In der Gesellschafterversammlung der GbR wurde am 6.5.2003 beschlossen, den vom Stamm A.A. benannten Geschäftsführer J.A. abzuberufen. Der Beschluss wurde in offener Abstimmung mit einer Mehrheit von 80 % gegen die Stimme des betroffenen Gesellschafters J.A. gefasst. Weiter wurde mit gleicher Stimmenmehrheit beschlossen, den Gesellschafter T.A. als Geschäftsführer der Beklagten zu benennen und für den Fall, dass dessen Bestellung aus wichtigem Grund abgelehnt wird, die Bestellung von M.A. als Geschäftsführer zu beantragen (vgl. Niederschrift Bl. 51 f. d.A.).
Entsprechend einem Antrag von T.A. wurde auf den 24.6.2003 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten mit folgenden Tagesordnungspunkten einberufen:
1. Abberufung des Geschäftsführers J.A.
2. Neuberufung von T.A. als Geschäftsführer der Gesellschaft
3. Neubestellung von M.A. als Geschäftsführer der Gesellschaft
Die Gesellschafterversammlung lehnte die drei Anträge in geheimer Abstimmung mit jeweils 6: 4 Stimmen ab. Der Versammlungsleiter M.A. stellte daraufhin fest, dass alle drei Beschlussanträge abgelehnt wurden (Bl. 58 f. d.A.).
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beschlüsse, durch welche die Abberufung des bisherigen Mitgeschäftsführers J.A. und die Neubestellung von T. bzw. M.A. zum Geschäftsführer abgelehnt wurden, seien wegen treuwidrig erfolgter Stimmabgabe des Gesellschafters J.A. und zu Unrecht verweigerter Zustimmung der Gesellschafter des Stammes J.A. nichtig. Mit vorliegender Klage ficht sie die Abstimmung an. Sie meint, die Gegenstimmen müssten unberücksichtigt bleiben. Es sei zulässig, die Anfechtung mit einem Antrag auf Feststellung des positiven Beschlussergebnisses zu verbinden, das - denkt man die unwirksamen Stimmabgaben hinweg - zustande gekommen wäre. Mithin sei davon auszugehen, dass die Gesellschafterversammlung der Beklagten den bisherigen Geschäftsführer J.A. abberufen und T.A., bzw. (hilfsweise) M.A., zu neuen Geschäftsführern bestellt habe.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Gesellschafter des Stammes J.A. hätten die Zustimmung zu den Beschlussanträgen zu Unrecht verweigert, weil das jedem Stamm in § 5 Abs. 1 S. 2 des Gesellschaftsvertrages eingeräumte P...