Leitsatz (amtlich)
1. Ein Zeltverleiher haftet für den verkehrsgerechten Aufbau des von ihm in den Verkehr gebrachten Zeltes jedenfalls dann in eigener Rechtsperson, wenn ein Mitarbeiter des Verleihers (im Fall: ein sog. Zeltmeister) den Aufbau faktisch leitet und die am Zeltaufbau beteiligten Personen dessen Weisungen bereitwillig Folge leisten.
2. Die für Tief- uind Erdbauarbeiten anerkannten Sorgfaltsmaßstäbe sind im Grundsatz auf Zeltgründungsarbeiten zu übertragen. Hierbei wird die Verkehrssicherungspflicht verletzt, wenn ca. 80 cm lange Zeltnägel mittels eines Rammgerätes in die Erde getrieben werden, ohne zuvor die genaue Lage von Stromkabeln verlässlich zu klären.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 07.07.2006; Aktenzeichen 1 O 193/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 7.7.2006 - 1 O 193/04 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.355,22 EUR festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt das klagende Energieunternehmen die Beklagten auf Schadensersatz wegen der Beschädigung eines 10 kV Stromkabels in Anspruch.
Der K. S. e.V. (im Folgenden: Veranstalter) veranstaltete in der Zeit vom 15. bis 18.8.2003 auf dem Marktplatz in S. einen sog. "Sommerkarneval" und benötigte hierfür ein 20 mal 40 Meter großes Festzelt. Dieses Zelt stellte die frühere Beklagte zu 2) zur Verfügung, die im Gegenzug die Lieferrechte für die Getränke der Festveranstaltung erhielt. Die Beklagte zu 2) mietete aufgrund Vertrags vom 28.11.2002 ein entsprechendes Zelt von der Beklagten zu 1) an. Der Mietvertrag enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
§ 1 ... die Sicherung, Abschrankung und Beleuchtung der Baustelle sowie die Feststellung der Lage von Erd- und Freileitungen sind Sache des Mieters. ...
§ 4 ... Auf- und Abbau des Zeltes sind Sache des Mieters, der die hierzu erforderlichen Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen hat und ihren Arbeitseinsatz zu regeln hat.
Vor dem Aufstellen des Zeltes übergab der Zeuge T., ein Mitarbeiter der Klägerin, dem Veranstalter einen Kabelplan für das Gebiet des Marktplatzes. Mitarbeiter des Veranstalters markierten vor Aufstellung des Zeltes aufgrund der in diesem Plan enthaltenen Angaben den Verlauf der Stromleitungen.
Sodann wurde das Zelt am 13.8.2003 von ca. 15 bis 17 Mitgliedern des Veranstalters in Anwesenheit eines Zeltmeisters der Beklagten zu 1), dem Zeugen S., aufgebaut. Hierbei handelte sich um einen erfahrenen Mitarbeiter der Beklagten zu 1), der nach seiner ursprünglichen Ausbildung als Baumaschinist in diesem Beruf zirka vier Jahre gearbeitet und hierbei auch Fachkenntnisse im Tiefbau erworben hatte. Nach erfolgreicher Teilnahme an einem Richtmeisterlehrgang im Januar 1999 setzte die Beklagte zu 1) ihn als Richtmeister ein. Der Zeuge leitete zirka 30 bis 40 Festzeltaufbauten im Jahr. In der Zeit vom 10. bis 14.2.2003 nahm der Zeuge an einem Auffrischungslehrgang teil. Alle von ihm vor dem Schadensereignis geleiteten Zeltaufbauten verliefen ohne Beanstandungen.
Der Zeuge S. hatte den Kabelplan der Klägerin selbst nie gesehen. Zur Befestigung des Zeltes wurden Erdnägel in eine Tiefe von ca. 80 Zentimetern in die Erde getrieben, ohne zuvor eine Handschachtung auszuführen. Bereits beim Einbringen des ersten Nagels, der in einer Entfernung von ca. 1 Meter neben der eingezeichneten Lage des Kabels eingetrieben wurde, beschädigte der Zeuge N. ein in einer Tiefe von lediglich 50 Zentimetern verlegtes Kabel.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei vom Veranstalter bereits im Mai 2003 auf die Veranstaltung angesprochen worden. Daraufhin habe der Zeuge T. dem Zeugen N. einen Kabelplan ausgehändigt, der den Hinweis enthalten habe, dass Abweichungen von der tatsächlichen Kabelführung möglich seien. Zum damaligen Zeitpunkt seien weder der genaue Standort des Zeltes noch dessen Abmessungen bekannt gewesen. Der Zeuge T. habe den Zeugen noch darum gebeten, vor der Errichtung des Zeltes erneut Kontakt aufzunehmen, um eine örtliche Einweisung durchzuführen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Gerade in Innenstädten mit geringer Bautätigkeit seien Abweichungen des Kabelverlaufes nicht unüblich.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 6.355,22 EUR zu zahlen mit der Maßgabe, dass von der Beklagten zu 1) 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB seit dem 10.2.2004 und von der Beklagten zu 2) 5 Prozentpunkte Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB ab Zustellung der Klageerweiterungsschrift aus der Hauptsumme begehrt werden.
Dem sind die Beklagten entgegengetreten. Die Beklagte zu 1) hat die Auffassung vertreten, dass bei dem Verlauf von Erdkabeln lediglich mit Abweichungen in einer Größenordnung bis zu etwa 30 Zentimetern gerechnet werden müsse. Darüber hinaus sei sie für die geltend gema...