Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach im Grundbuch eingetragene Rechte nicht der Verjährung unterliegen, ist entsprechend anwendbar auf den schuldrechtlichen Anspruch auf den Verzicht auf bzw. auf Löschung einer dauerhaft einredebehafteten Grundschuld nach § 1169 BGB (§ 902 BGB analog i.V.m. §§ 1192, 1169 BGB).
Normenkette
BGB §§ 196, 902, 1069, 1192; GBO § 29
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 15.06.2021; Aktenzeichen 8 O 60/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 15.06.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (8 O 60/19) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, die Zustimmung zur Löschung der
a) im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Saarbrücken, Grundbuch von ... Blatt ... und
b) im Teileigentumsgrundbuch des Amtsgerichts Saarbrücken, Grundbuch von ... Blatt ...
jeweils in Abteilung III Nr. 2 eingetragenen Gesamtgrundschuld im Nennwert von 204.516,75 EUR auf dem Miteigentumsanteil von 1/3 des Klägers zu erteilen.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu zwei Dritteln, der Beklagte zu einem Drittel. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger.
3. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung aus dem Tenor zu Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 205.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen wird den Parteien nachgelassen, die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren wird auf 204.516,75 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Familie der Parteien ist zerstritten und es werden seit Jahren eine Vielzahl gerichtlicher Verfahren geführt.
Im hiesigen Rechtsstreit begehrt der Kläger von dem Beklagten, seinem Vater, die Zustimmung zur Löschung einer Gesamtgrundschuld sowie die Hinterlegung des entsprechenden Grundschuldbriefs.
Der Kläger ist zusammen mit seinen Geschwistern D. G. und N. G. Bruchteilseigentümer zu je 1/3 an verschiedenen Miteigentumsanteilen jeweils verbunden mit Sondereigentum an dem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück ...straße 37d in Riegelsberg.
Der Beklagte war ursprünglich Alleineigentümer dieses Hausanwesens. Er bestellte am 05.06.1987 mit notarieller Urkunde des Notars S. in Neunkirchen (UR-Nr. 809/1987, Bl. 116 d.A.) eine Eigentümergrundschuld über 400.000 DM (= 204.516,75 EUR) zu seinen Gunsten. Es handelte sich um eine Gesamt-Briefgrundschuld betreffend bestimmte dort im Einzelnen aufgeführte Miteigentumsanteile, verbunden mit Sondereigentum, an dem Grundstück ...straße 37d (Grundbuch von ... Band 20 Blatt ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ...).
Unmittelbar danach am selben Tag übertrug der Beklagte mit notarieller Urkunde des Notars S. in Neunkirchen (UR-Nr. 810/1987, Bl. 114 f. d.A.) im Wege der Schenkung dem Kläger sowie dessen Geschwistern verschiedene Miteigentumsanteile, jeweils verbunden mit Sondereigentum, an diesem Grundstück.
An den Kläger wurde u.a. 1/3 Miteigentumsanteil an 49/1000 Miteigentumsanteil mit Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoss, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet, und dem Kellerraum Nr. 2 (Band 20 Blatt ...) sowie 1/3 Miteigentumsanteil an 50/1000 Miteigentumsanteil mit Sondereigentum an im Aufteilungsplan mit Nr. 13 und 14 bezeichneten Kellerräumen, WC und Gartenmöbel- und Geräteraum übertragen. Entsprechende Miteigentumsanteile wurden jeweils auch an die beiden Geschwister des Klägers übertragen.
In Ziffer III. Nr. 1 dieses Vertrags heißt es:
"Das Grundeigentum wird übertragen so wie es daliegt. Für Sachmängel, insbesondere für Größe und Beschaffenheit sowie für Freiheit von altrechtlichen Grunddienstbarkeiten wird keine Gewähr geleistet, jedoch wird Gewähr geleistet für Freiheit von allen übrigen Belastungen, soweit in dieser Urkunde nichts Anderes vereinbart ist."
In Ziffer IV. war Folgendes vereinbart:
"Bei dem den drei Erwerbern zu je 1/3 übertragenen Grundbesitz, vorgetragen im Grundbuch von ... Band 20 Blatt ... und Band 20 Blatt ... ist in Abt. III eine Grundschuld von DM 130.000,- eingetragen für die Dresdner Bank AG in Saarbrücken, abgetreten an die ...bank in L.. Dieses Grundpfandrecht bleibt bestehen und wird mitübernommen. Ferner übernehmen die Grundstückserwerber die dieser Grundschuld zugrunde liegende persönliche Verbindlichkeit, die derzeit beziffert wird mit ca. DM 50.000,- samt Zinsen (...)".
Der Kläger und seine Geschwister wurden am 17.08.1987 als Bruchteilseigentümer zu je 1/3 im Wohnungsgrundbuch Blatt ... (Anlage K1, Bl. 5 d.A...