Entscheidungsstichwort (Thema)

Grob fahrlässige Herbeiführung eines Verkehrsunfalls nach alkoholtypischem Fahrfehler

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Klage auf Feststellung bedingungsgemäßen Kraftfahrzeughaftpfichtversicherungsschutzes wegen eines Verkehrsunfalls ist unzulässig, wenn der Versicherer Klage auf Leistung des Regresshöchstbetrages erhoben hat und außer Streit steht, dass er im Übrigen Deckung gewähren wird.

2. Fährt ein Versicherungsnehmer mit 0,7 Promille in eine wenig übersichtliche bevorrechtigte Straße ein und kollidiert dort mit einem die zulässige Höchstgeschwindigkeit beachtenden Kraftfahrzeug, so ist der Unfall grob fahrlässig herbeigeführt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 17.11.2005; Aktenzeichen 14 O 362/05-102)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 17.11.2005 - 14 O 362/04 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 5000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.9.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 16.729,41 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger unterhielt bei der Beklagten für sein Kraftfahrzeug Opel Meriva mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXXXX eine Kraftfahrzeughaftpflicht- und eine Vollkaskoversicherung (Versicherungsschein 11111111111), der die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) der Beklagten (Bl. 62 ff.) zugrunde lagen. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aus Anlass eines Verkehrsunfalls vom 14.6.2003 Versicherungsschutz gewähren muss.

Am 14.6.2003 befuhr der Kläger mit dem versicherten Fahrzeug gegen 20.30 Uhr die Verbindungsstraße von Gersdorf nach Pfaffendorf. Diese Straße kreuzt die Verbindungsstraße von Friedersdorf nach Markersdorf, welche von dem Zeugen U. mit seinem Pkw Opel Agila mit dem amtlichen Kennzeichen YYYYYYYYYY, befahren wurde. Die Vorfahrt ist an der Kreuzung durch Verkehrszeichen geregelt. Für die Fahrtrichtung des Klägers gilt Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren); für die Fahrtrichtung des Zeugen U. gilt Zeichen 306 (Vorfahrt). Nachdem der Kläger einen Radfahrer, den Zeugen Sch., überholt hatte, fuhr er in den Kreuzungsbereich ein. Dort kollidierte er mit dem von dem Zeugen U. geführten Opel Agila. Beide Fahrzeuge erlitten wirtschaftlichen Totalschaden. Für den Kläger ermittelte ein Sachverständiger einen Sachschaden von netto 13.362,07 EUR und einen Restwert von 2.700 EUR. Die Höhe des dem Geschädigten U. entstandenen und von der Beklagten erstatteten Schadens betrug 10.393,09 EUR abzgl. eines Restwerts von 2.085 EUR.

Noch an der Unfallstelle führten die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten bei dem Kläger einen Atemalkoholtest durch. Dieser ergab einen Wert von 0,9 Promille. Eine gegen 22.35 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholkonzentration (BAK) - Mittelwert von 0,60 Promille (Bl. 32 der - in Auszügen kopierten - Beiakte StA Görlitz - 14 Js 12334/03). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Alkoholaufnahme des Klägers um 19 Uhr 30 beendet war.

Nach Anzeige des Unfallereignisses übersandte die Beklagte dem Kläger ihr Formular "Schadenmeldung für Fahrzeugschäden" (Bl. 81 ff. d.A.). Die in diesem Formular gestellte Frage, ob und weswegen dem Fahrer nach dem Schaden der Führerschein entzogen wurde, beantwortete der Kläger mit "ja, wegen § 315c StGB". Die Frage nach dem Genuss alkoholischer Getränke innerhalb der letzten 12 Stunden vor dem Unfall beantwortete der Kläger ebenfalls mit "ja". Zur Erläuterung gab er "2 Glas Wein" an. Das ausgefüllte Formular übersandte der Kläger der Beklagten am 26.6.2003 per Fax. Mit Schreiben vom 17.9.2003 (Bl. 8 f. d.A.) lehnte die Beklagte die Erbringung von Leistungen aus der Kaskoversicherung mit der Begründung, sie sei gem. § 61 VVG leistungsfrei, ab. Mit Schreiben vom 23.9.2003 (Bl. 22 f. d.A.) kündigte sie die Haftpflichtversicherung mit sofortiger Wirkung.

Mit Wirkung zum 5.7.2003 meldete der Kläger sein alsbald nach dem Verkehrsunfall versteigertes Kraftfahrzeug bei der Zulassungsstelle ab. Die Beklagte fertigte unter dem 31.7.2003 einen "Nachtrag" zum Versicherungsschein mit Wirkung zum 5.7.2003 wegen Wagniswegfalls aus und erstattete zuviel gezahlte Prämien.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich wegen der schlechten Sichtverhältnisse vorsichtig in die Kreuzung hineingetastet. Er habe sich über den ankommenden Verkehr vergewissert und die Kreuzung überquert, nachdem er festgestellt habe, dass kein Verkehr besteht. Den ankommenden Zeugen U. habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wahrnehmen können. Dieser sei in ihn hereingefahren, als er die Kreuzung bereits fast überquert gehabt habe. Ein schnelles Überqueren der Kreuzung sei ihm überhaupt nicht möglich gewesen, da die Hauptstraße auf Grund des Neubaus um ca. 40 cm erhöht sei. Bei der Kreuzung handele es sich um einen Unfallschwerpunkt. Auf Grund der schlechten Sicht sei es dort mehrf...

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