Leitsatz (amtlich)
1. Nach französischem Sachrecht ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalls nicht gehalten, zur Schlüssigkeit seines auf Reparaturkostenbasis geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz seines Fahrzeugschadens Angaben zum Restwert des beschädigten Fahrzeugs zu machen.
2. Für den Verzugszinsanspruch des Geschädigten gegen den gegnerischen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer enthält das französische Versicherungsgesetzbuch besondere Vorschriften (Strafzinsen für nicht fristgerechtes Entschädigungsangebot sowie Verzugszinsen nach Verurteilung). Die allgemeinen Verzugszinsregelungen der Artikel 1153 und 1153-1 Code civil sowie der Artikel L.313-2 und L.313-3 Code monétaire et financier werden von den Artikeln L.211-13 und Art. L.211-18 Code des assurances verdrängt (entgegen LG Saarbrücken, Urt. vom 11. Mai 2015 - 13 S 21/15, NJW 2015, 2823). Berechnungsgrundlage für die Zinsen ist entweder der volle Betrag des vollständigen Entschädigungsangebots oder der im Urteil festgestellten Entschädigung, wobei vorab geleistete Teilzahlungen insoweit nicht in Abzug zu bringen sind.
3. Auch im Falle des Auslandsbezugs legt das Prozessgericht die im Einzelfall angemessene Regulierungsfrist ohne Bindung an ausländische Regelungen fest. Gilt für den ausländischen Kraftfahrtversicherer aufgrund einer dortigen gesetzlichen Regelung eine vergleichsweise lange Regulierungsfrist (vgl. Artikel R.211-35 Satz 2 Code des assurances), ist dieser Umstand bei der Bemessung der Prüffrist durch das Prozessgericht angemessen zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 5 O 52/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 31.1.2017 - 5 O 52/16 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 5.000 EUR erledigt ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 1,86 % aus 15.926,42 EUR für die Zeit vom 26.8.2016 bis 31.12.2016 sowie in Höhe von 1,80 % aus 15.926,42 EUR vom 01.01.2017 bis 10.01.2017 zu zahlen.
3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 24 %, die Beklagte zu 76 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 15 %, die Beklagte zu 85 %.
III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Höhe der der Klägerin zustehenden Ansprüche auf Grund eines Verkehrsunfalls vom 07.04.2016 in Saargemünd/Frankreich, für den die Beklagte in vollem Umfang einstandspflichtig ist.
Am 07.04.2016 gegen 9:50 Uhr kam es auf der Europabrücke in Saargemünd zu einem Verkehrsunfall zwischen dem im Eigentum der Klägerin stehenden Pkw BMW 535d, amtliches Kennzeichen ..., der von dem Geschäftsführer der Klägerin gefahren wurde, und dem von dem Versicherungsnehmer der Beklagten, Herrn A. M., gefahrenen Pkw Seat mit dem amtlichen Kennzeichen ... Das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug fuhr auf das verkehrsbedingt haltende Fahrzeug der Klägerin von hinten auf. Die Alleinhaftung der Beklagten ist zwischen den Parteien außer Streit.
Am Folgetag meldete die Klägerin den Unfall der Regulierungsbeauftragten der Beklagten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.04.2016 (Bl. 7 f. d.A.) forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Regulierungsbeauftragte auf, ihre Haftung dem Grunde nach anzuerkennen, und bezifferte unter Beifügung des Gutachtens des Kfz-Sachverständigenbüros R. M. (Bl. 9 ff. d.A.) den Schaden mit vorläufig 11.732,21 EUR (Reparaturkosten netto 10.275,53 EUR + Wertminderung 350 EUR + Sachverständigenhonorar netto 1.106,68 EUR). Zur Regulierung setzte die Klägerin eine Frist bis zum 25.05.2016. Am 26.04.2016 erklärte die Beklagte, dass sie ihre Haftung dem Grunde nach anerkenne. Hierüber wurde der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben der Regulierungsbeauftragten vom 02.05.2016 (Anlage B 2, Bl. 68 f. d.A.) informiert. Zugleich wurde u.a. um Mitteilung der Höhe des Restwertes gebeten und ausgeführt, die Wertminderung, die Nebenkosten und die Rechtsanwaltsgebühren seien nach französischem Recht nicht erstattungsfähig. Am 03.06.2016 reichte die Klägerin Klage über einen Betrag von insgesamt 12.082,21 EUR ein (Reparaturkosten netto 10.275,53 EUR + Wertminderung 350 EUR + Sachverständigenhonorar netto 1.106,68 EUR; rechnerisch richtig: 11.732,21 Euro). Mit Schreiben vom 17.06.2016 (Anlage B1, Bl. 67 d.A.) teilte die Regulierungsbeauftragte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass die Beklagte inzwischen einen Vorschuss in Höhe von 5.000 EUR geleistet habe. Die Klage wurde der Beklagten am 28.06.2016 zugestellt (Bl. 51 d.A.); am selben Tag ging der Betrag von 5.000 EUR bei der Klägerin ein.
Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in Höhe eines Betrags von 5.000 EUR für erledigt erklärt (Bl. 53 d.A.); dem ist die Beklagte en...