Leitsatz (amtlich)
Der dem geschädigten Anspruchssteller obliegende Beweis für das äußere Unfallgeschehen ist nicht erbracht, wenn bei einem Fehlen von objektiven Beweisanzeichen für das Unfallereignis durchgreifende Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Unfallschilderung durch die Unfallbeteiligten bestehen und weitere objektive Indizien nach anerkannter Kasuistik für ein manipuliertes Unfallgeschehen streiten.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 249/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil der 14. Zivilkammer des LG Saarbrücken - 14 O 249/09 - abgeändert: Die Klage wird (insgesamt) abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.282,50 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger die Beklagte zu 2) wegen eines behaupteten Verkehrsunfallereignisses auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger war Eigentümer eines Pkws der Marke BMW 525 tds touring, Baujahr 1998. Er hat behauptet, am 14.7.2009 sei es auf der Landstraße zwischen Wadern und Dagstuhl zu einem Verkehrsunfall gekommen, bei dem der Pkw des Klägers mit einem vom Zeugen B. gefahrenen und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw der Marke Fiat Cinquecento (GA II Bl. 167) zusammengestoßen sei. An der beschriebenen Unfallörtlichkeit sei dem Kläger das vom Zeugen B. gesteuerte Fahrzeug in einer lang gezogenen Linkskurve entgegengekommen. Hierbei sei der Zeuge B. über die Mittellinie hinaus geraten, weshalb der Kläger instinktiv eine Lenkbewegung nach rechts vollzogen habe, um einen schweren Aufprall zu verhindern. Im Bereich des linken Kotflügels des Fahrzeugs des Klägers sei es zu einer streifenden Berührung mit dem unfallgegnerischen Fahrzeug gekommen. Anschließend sei das Fahrzeug des Klägers an den rechten Fahrbahnrand geraten und habe die Leitplanke gerammt. Hierdurch sei es zu einem Streifschaden an der rechten Fahrzeugseite gekommen. Noch an der Unfallstelle habe der Zeuge B. seine Schuld sofort eingeräumt, weshalb der Kläger keine Polizei hinzugerufen habe.
Der Kläger hat den an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden wie folgt berechnet: Er hat zunächst den Wiederbeschaffungsaufwand geltend gemacht (Wiederbeschaffungswert brutto: 6.700 EUR abzgl. Restwert 600 EUR). Sodann hat der Kläger die Erstattung der Gutachterkosten i.H.v. 881,08 EUR sowie die Zahlung einer Unkostenpauschale i.H.v. 25,46 EUR eingefordert.
Der Kläger hat (zuletzt) beantragt,
1. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 6.125,56 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.9.2009 zu zahlen;
2. die Beklagte zu 2) weiterhin zu verurteilen, an das Sachverständigenbüro Sachverständige E., Inhaberin A. R., auf deren Konto 881,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.9.2009 zu zahlen;
3. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 661,16 EUR freizustellen.
Dem ist die Beklagte zu 2) entgegengetreten.
Die Beklagte zu 2) hat behauptet, dass es sich um einen gestellten oder fiktiven Unfall handele. Dafür streite, dass die Polizei trotz der erheblichen Schäden am Fahrzeug des Klägers nicht informiert worden sei und keine Zeugen für den Unfall vorhanden seien. Die Tatsache, dass der Kläger den Fahrer des unfallverursachenden Fahrzeugs als Zeuge benannt habe, spreche für sich.
Im angefochtenen Urteil hat das LG die Beklagte zu 2) verurteilt, an den Kläger 4.282,50 EUR und an das Sachverständigenbüro 881,08 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat das LG die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte zu 2) die vollständige Abweisung der Klage:
Die Beklagte zu 2) wendet sich gegen die Beweiswürdigung des LG und bekräftigt ihr Bestreiten, dass sich der Unfall an der angegebenen Stelle und auf die vom Kläger beschriebene Weise ereignet habe. Dagegen spreche, dass die Unfallbeteiligten den Unfall nicht polizeilich aufnehmen ließen. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Kläger den Fahrer des Fahrzeugs nicht mitverklagt habe, sondern diesen als Zeugen benannt habe. Auffällig sei es, dass der Kläger zuletzt am 15.4.2009 in einem festen Arbeitsverhältnis gestanden habe, während er sich den recht teuren Wagen erst am 8.7.2009 angeschafft habe. Dieses Datum - auch hierin sei ein weiteres Indiz für ein unredliches Verhalten zu erblicken - liege nur wenige Tage vor dem Unfallereignis. Sodann habe das LG nicht gewürdigt, dass der Versicherungsvertrag für das vom Zeugen B. geführte Fahrzeug nur vorläufig gedeckt gewesen sei. Der Kläger sei gegenüber dem Sachverständigen zunächst nicht in der Lage gewesen, die angebliche Unfallstelle auf der Landkarte einzuzeichnen. Sodann habe der...