Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Grunderwerbsteuerfreiheit eines Grundstückskaufvertrages betreffend ein sozio-kulturelles Zentrum in B.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Gemeinde B. ist. Ausweislich des § 2 der Satzung vom 15. Juli 1993 ist Zweck der Gesellschaft …„Eine verantwortliche Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung. Die Gesellschaft errichtet, betreut und bewirtschaftet Bauten in allen Nutzungsformen, darunter Eigenheime und Eigentumswohnungen. Sie kann außerdem alle im Bereich der Wohnungswirtschaft, des Städtebaues und der Infrastruktur anfallenden Aufgaben übernehmen, Grundstücke erwerben, belasten und veräußern, sie privatisieren sowie Erbbaurechte vergeben. Sie kann Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrichtungen soziale, kulturelle und wirtschaftliche Einrichtungen bereitstellen. Sie kann außerdem nach § 34 c der Gewerbeordnung Makler, Bauträger und Baubetreuer sein, sofern die entsprechende Erlaubnis hierfür erteilt wird. …”
Mit notarieller Urkunde (UR Nr. … des Notars Dr. W.) mit dem Amtssitz in L. vom 5. November 1993 sowie Nachträgen vom 22. November 1993 (UR Nr. … des Notars Dr. W.) mit dem Amtssitz in L. und vom 14. Juli 1994 (UR Nr. … des Notars Dr. W.) mit dem Amtssitz in L. erwarb die Klägerin von der Gemeinde B. die Flurstücke 86 und 196/2 der Gemarkung B. Verkauft wurde weiterhin ein auf den o.g. Grundstücken noch zu errichtendes sozio-kulturelles Zentrum, mit dessen Bau die Verkäuferin bereits begonnen hatte. Die Verkäuferin verpflichtete sich, das Zentrum fertigzustellen und an die Klägerin zu übergeben. Ferner sollte die bestehende Altbausubstanz entsprechend der Baubeschreibung saniert werden. Der Kaufpreis betrug DM 17.482.620,00 (DM 512.120,00 Grund und Boden; DM 690.000,00 Altbausubstanz; Vergütung Errichtung und Sanierung DM 18.280.500,00 abzgl. DM 2.000.000,00 Fördermittel).
Das Areal wurde ursprünglich als Kulturhaus … als Bürgergarten, Gemeindesaal und Verwaltungsgebäude genutzt. Mit Bescheid der OFD … vom 29. Dezember 1992 war es gem. Art. 21 Abs. 1 bzw. Art. 21 Abs. 3, 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages in das Eigentum der Gemeinde B. übergegangen. Eine kleine Teilfläche hatte die Gemeinde wegen eines versehentlichen Überbaues käuflich erworben. Im Jahre 1993 war mit dem Bau von 21 Eigentumswohnungen begonnen worden. Die Fertigstellung erfolgte im Jahre 1995.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 1994 setzte der Beklagte (nachfolgend auch: Finanzamt) die Grunderwerbsteuer mit 2 % der Gesamtvergütung abzgl. der Fördermittel und damit in Höhe von DM 349.652,00 fest.
Der hiergegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22. August 1997 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage vom 24. September 1997 macht die Klägerin geltend, daß es sich um einen Erwerbsvorgang gem. § 4 Nr. 5 GrEStG handele, der von einer Besteuerung ausgenommen sei. Der Befreiungstatbestand erfasse nicht nur Erwerbsvorgänge, denen Grundstückzuordnungen nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag vorausgegangen seien. Unstreitig handele es sich hier zwar nicht um den Erwerb eines zu Wohnzwecken genutzten Grundstückes, doch erfasse § 4 Nr. 5 GrEStG auch Grundstückserwerbe, denen eine Vermögenszuordnung nach Art. 21 Abs. 1 bzw. Abs. 3 Einigungsvertrag vorangegangen sei. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes als auch aus seinem Sinn und Zweck. Letztlich diene auch die Regelung in § 4 Nr. 5 GrEStG iVm. Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag der Erhaltung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, denn so könne sich die Gemeinde der Schuldenlast, die sie mit der Zuordnung der Grundstücke habe übernehmen müssen, entledigen und die ihr übertragene Privatisierungsaufgabe erfüllen.
Zur Bewahrung der Selbstverwaltungsgarantie müsse die Vorschrift des § 4 Nr. 5 GrEStG, die den gestalterischen Spielraum der Kommunen hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung vergrößern soll, auch auf den Streitfall Anwendung finden. Dies ergebe auch die Auslegung des § 4 Nr. 6 GrEStG.
Der käufliche Zuerwerb einer Teilfläche durch die Gemeinde spiele eine absolut untergeordnete Rolle. Hier handele es sich um den Zuerwerb einer ursprünglich versehentlich überbauten Teilfläche, so daß sich keine andere Bewertung des Gesamtvorganges ergebe.
Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 11.10.1994, Az.: in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.08.1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt vertritt die Auffassung, daß es sich nicht um einen grunderwerbsteuerfreien Vorgang nach § 4 Nr. 5 GrEStG handele.
Dies ergebe sich daraus, daß der Vorerwerb der Grundstücke durch die Gemeinde nicht gem. Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages erfolgt sei. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 5 GrEStG beziehe sich jedoch...