Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsgebühr. Rücknahme der Kündigung. Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Vergleich

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Einigungsgebühr entsteht auch dann, wenn der Arbeitgeber die Rücknahme der Kündigung erklärt und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen anbietet und der Arbeitnehmer dieses Angebot annimmt und hierauf die Klage zurücknimmt.

 

Normenkette

VV RVG Nr. 1000

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Beschluss vom 26.04.2005; Aktenzeichen 8 Ca 4784/04)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 26.04.2005 – 8 Ca 4784/04 – wird auf Kosten der Beteiligten zu 1.

z u r üc k g e w i e s e n.

2. Der Beschwerdewert wird auf 227,36 EUR festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.04.2005 hat die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Chemnitz die von der Klägerin an ihren Prozessbevollmächtigten erster Instanz aufgrund des Kostenfestsetzungsantrages des Klägervertreters vom 09.02.2005 (Bl. 26/27 d. A.) zu erstattenden Kosten auf insgesamt 227,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab 17.02.2005 festgesetzt.

Gegen diesen der Klägerin/Beteiligten zu 1. am 29.04.2005 zugestellten Beschluss ließ diese durch ihren für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten … beim Arbeitsgericht Chemnitz eingegangenen Schriftsatz vom 13.05.2005 sofortige Beschwerde mit der Begründung einlegen, dass vorliegend eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 VV/RVG nicht entstanden sei, da die Klägerin mit ihrem gesamten Klagebegehren vorliegend erfolgreich gewesen sei, so dass ein Nachgeben des Beklagten hier nicht gesehen werden könne. Im Kern handele es sich vielmehr um ein Anerkenntnis der gesamten Klageforderung, das lediglich nicht in Gestalt eines Anerkenntnisurteils erfolgt sei, sondern zu Protokoll gegeben worden sei. Es wird auf die weitere Begründung auf Bl. 46/47 d. A. Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 20.05.2005 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde der Klägerin/Beteiligten zu 1. nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beschwerdegegner/Beteiligte zu 3. ist der sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 17.06.2005, auf dessen Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 58/59 d. A.), entgegengetreten.

Die Klägerin wird seit dem 29.06.2005 anstelle von Herrn Rechtsanwalt … von Frau Rechtsanwältin … vertreten (Bl. 64 d. A.).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§§ 11 Abs. 1, 21 Ziffer 2 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 78 Satz 1 ArbGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Es fehlt vor allem auch nicht an der

erforderlichen Beschwer des § 567 Abs. 2 ZPO von 200,00 EUR, da sich die Beschwerdeführerin/Beteiligte zu 1. durch die Beschwerde gegen die festgesetzten und an ihren Prozessbevollmächtigten zu erstattenden Kosten in Höhe von 227,36 EUR wehrt.

2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die sog. Einigungsgebühr gegeben sind.

Nach der Vorbemerkung 1 zu VV 1000 Nr. 1 Satz 1 zum RVG entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages in Höhe von 1,5 durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

Nach der gesetzgeberischen Intention (vgl. BT-Drucksache 15/1971, S. 171) soll die Einigungsgebühr die geltende Vergleichsgebühr ersetzen und diese gleichzeitig inhaltlich erweitern. Während die Vergleichsgebühr (§ 23 BRAGO) durch Verweisung auf § 779 BGB ein gegenseitiges Nachgeben voraussetzt, soll die Einigungsgebühr jegliche vertragliche Beilegung eines Streits honorieren. Durch den Wegfall der Voraussetzung des gegenseitigen Nachgebens soll der Streit darüber vermieden werden, welche Abreden als Nachgeben zu bewerten sind. Einzige Ausnahme soll sein, dass in dem Vertrag ausschließlich ein Anspruch vollständig anerkannt oder auf einen Anspruch vollständig verzichtet wird. Diese Einschränkung soll einem Missbrauch entgegenwirken. Dem Gesetzgeber war auch daran gelegen, die bisher häufige kostenrechtliche Auseinandersetzung über die Frage, ob ein Vergleich gemäß § 779 BGB vorliegt, zu verneinen. Der Begriff der „Einigung” verlangt nur einen Vertrag mit Beseitigung eines Streits oder der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis. Für eine Einigung ist dagegen nicht nötig das Merkmal der Gegenseitigkeit i. S. eines synallagmatischen Verhältnisses.

Die Einigungsgebühr entsteht bereits für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss ...

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