Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Wahl eines gemeinsamen Betriebsrates durch das Bodenpersonal und das fliegende Personal eines Luftfahrtunternehmens
Leitsatz (redaktionell)
§ 117 BetrVG schließt in zulässiger Weise jedenfalls die Wahl eines gemeinsamen Betriebsrates durch das Bodenpersonal und das fliegende Personal eines Luftfahrtunternehmens aus. Eine hiergegen verstoßende Betriebsratswahl ist nichtig.
Normenkette
BetrVG § 117
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 04.03.2016; Aktenzeichen 12 BV 53/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 8. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 04.03.2016 - 12 BV 53/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird für den Beteiligten zu 8. zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Die Beteiligte zu 7. (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist eine deutsche Frachtfluggesellschaft mit Sitz in ... bei ... Sie bedient mit Frachtmaschinen von den Flughäfen ... und ... aus weltweit mehr als 20 Ziele in Europa, Asien, Nordamerika und im Nahen Osten, wobei der Schwerpunkt aktuell auf Zielen im Nordamerika- und Asienverkehr liegt. In ihrer Betriebsstätte in ... beschäftigt die Arbeitgeberin 83 Mitarbeiter als Bodenpersonal, u. a. die Beteiligten zu 1. bis 6. Darüber hinaus sind bei der Arbeitgeberin aktuell 199 Mitarbeiter als Flugzeugführer tätig. Luftverkehrsrechtlicher Einsatzort des fliegenden Personals ist der Flughafen ...
Ein Betriebsrat bestand im Betrieb der Arbeitgeberin in der Vergangenheit nicht.
Bemühungen der Vereinigung Cockpit und der Gewerkschaft ... in den Jahren 2012 und 2014/2015, Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifvertrages zur Regelung einer betrieblichen Interessenvertretung für die Flugzeugführer aufzunehmen, scheiterten an der Ablehnung der Arbeitgeberin.
Unter dem 11.05.2015 lud ... alle Beschäftigten der Arbeitgeberin zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes an einem vom Betriebssitz ca. 20 km entfernten Ort in ... ein. Ein hiergegen gerichteter Antrag der Arbeitgeberin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte vor dem Arbeitsgericht Leipzig (vgl. Beschluss vom 19.05.2015 - 12 BVGa 5/15 -) keinen Erfolg. Ebenso erfolglos blieb der gegen den am 11.05.2015 gewählten Wahlvorstand gerichtete Antrag, es zu unterlassen, die Wahl zu einem Betriebsrat unter Einbeziehung des fliegenden Personals durch- und fortzuführen (vgl. Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 04.06.2015 - 14 BVGa - und des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 02.07.2015 - 8 TaBVGa 3/15 -). In der Folge fand am 06.10.2015 im Betrieb der Arbeitgeberin eine Betriebsratswahl unter Beteiligung aller Beschäftigten statt, in deren Rahmen ein neun Mitglieder umfassender Betriebsrat gewählt wurde, dem sechs Flugzeugführer und drei Mitarbeiter des Bodenpersonals angehöhren. Das einzige vorhandene Ersatzmitglied ist im April 2016 nach Ausscheiden des Betriebsratsmitglieds ... in den Betriebsrat nachgerückt. Der Wahlvorstand machte das Wahlergebnis mit Schreiben vom 12.10.2015 bekannt.
Mit ihren am 14.10. bzw. 22.10.2015 beim Arbeitsgericht Leipzig eingegangenen Anträgen haben sich die Beteiligten zu 1. bis 6. und die Arbeitgeberin gegen die Wirksamkeit der Betriebsratswahl gewandt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, die Betriebsratswahl vom 06.10.2015 sei nichtig, zumindest aber unwirksam, da bei ihr gegen § 117 Abs. 1 und 2 BetrVG verstoßen worden sei. Das Betriebsverfassungsgesetz sei auf das fliegende Personal nicht anzuwenden mit der Folge, dass dieses an der Betriebsratswahl nicht habe beteiligt werden dürfen.
Die Beteiligten zu 1. bis 6. haben beantragt,
1. festzustellen, dass die Wahl des Betriebsrates der ... GmbH vom 06.10.2015 nichtig ist;
2. hilfsweise, die Wahl des Betriebsrates der ... GmbH vom 06.10.2015 für unwirksam zu erklären.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Betriebsratswahl im Betrieb der ... GmbH am Flughafen Leipzig/Halle vom 06.10.2015 nichtig ist;
2. hilfsweise, die Betriebsratswahl im Betrieb der ... GmbH am Flughafen Leipzig/Halle vom 06.10.2015 für unwirksam zu erklären;
3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den unter Ziffern 1. und 2. gestellten Anträgen, festzustellen, dass dem Beteiligten zu 8. als Betriebsrat in einem Flugbetrieb gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht, insbesondere kein Mitbestimmungsrecht nach §§ 87 Abs. 1, 91, 95, 97, 99, 112 und 112 a BetrVG zusteht.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, die Betriebsratswahl vom 06.10.2015 sei wirksam.
§ 117 Abs. 2 BetrVG stehe dem nicht entgegen. Diese Regelung verstoße gegen die Richtlinie 2002/14/EG, denn die Mitgliedsstaaten müssten durch geeignete Rechts- und Verwaltungsvorschriften sicherstellen, dass auch Arbeitnehmer, die keiner Gewerkschaft angehörten, den vollen Schutz der Richtlinie in Anspruch nehmen könnten. Zudem müsse ein allein vom Wi...