Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Rechtsanwaltskosten der obsiegenden Partei im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. In arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren findet § 91 ZPO uneingeschränkt Anwendung, da sich der Erstattungsausschluss gemäß § 12a Abs. 1 ArbGG nur auf das erstinstanzliche Verfahren bezieht; gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
2. Notwendig sind alle und nur diejenigen Kosten, die man in der konkreten Lage vernünftigerweise als voraussichtlich sachdienlich ansehen darf und muss; das Erfordernis der Notwendigkeit gilt im gesamten Kostenrecht und ist Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben, wonach jede Prozesspartei verpflichtet ist, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle des Obsiegens vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten hat, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt.
3. Zur Wahrung berechtigter Belange zählen auch die Kosten, die durch das Tätigwerden eines Rechtsanwalts anfallen; § 91 Abs. 2 ZPO kennt keinen eingeschränkten Kostenerstattungsanspruch für Rechtsanwaltsgebühren sondern stellt im Gegensatz zu § 91 Abs. 1 ZPO nicht auf die Notwendigkeit der angefallen Rechtsanwaltsgebühren ab.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 92 Abs. 2; ArbGG § 12a Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 04.04.2014; Aktenzeichen 9 Ca 3261/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin//Beklagten/Berufungsklägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 04.04.2014 - 9 Ca 3261/11; 6 Sa 401/12 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin/Beklagten/Berufungsklägerin
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 9.406,24 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien haben den vorliegenden Rechtsstreit über die Zahlung einer Abfindung an die Klägerin aus dem Sozialplan vom 15.12.2010 in zweiter Instanz durch rechtskräftigen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich festgestellten Vergleich vom 07.08.2013 beendet und dabei vereinbart, dass von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs die Beklagte 9/10, die Klägerin 1/10 zu tragen haben.
Der Streitwert für das vorliegende Verfahren war gemäß Ziffer 3 des Urteils des Arbeitsgerichts vom 22.05.2012 auf 203.000,00 € festgesetzt worden.
Mit den Kostenausgleichsanträgen vom 29.08.2013 und vom 15.11.2013 haben beide Parteivertreter im Wege des Kostenausgleichs gemäß § 106 ZPO beantragt,
die von der Beklagten/Berufungsklägerin an die Klägerin/Berufungsbeklagten zu erstattenden Kosten für die zweite Instanz festzusetzen (vgl. Bl. 317/318; 323 bis 327 d. A.).
Daraufhin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.04.2014, dem Beklagtenvertreter zugestellt am 09.04.2014, die von der Berufungsklägerin/Beklagten an die Berufungsbeklagte/Klägerin im Wege des Kostenausgleichs aufgrund des Beschlusses vom 07.08.2013 - 6 Sa 401/12 - zu erstattenden Kosten auf 7.570,46 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 30.08.2013 festgesetzt.
Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Berufungsklägerin/Beklagten vom 11.04.2014, beim Arbeitsgericht Dresden eingegangen am selben Tag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 355/356 d. A.), hat das Arbeitsgericht Dresden mit Beschluss vom 23.07.2014 nicht abgeholfen, sondern zur weiteren Entscheidung dem Sächsischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 104 Abs. 3, 106 ZPO i. V. m. §§ 11 Abs. 1, 21 Ziff. 1 RPflG) sowie form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO i. V. m. § 78 Abs. 1 ArbGG). Der Beschwerdewert von 200,00 € ist erreicht.
2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg und war zurückzuweisen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin/Beklagten sind die Rechtsanwaltskosten der Klägerin/Beschwerdegegnerin sehr wohl erstattungsfähig gemäß § 91 II ZPO.
a) Grundlage der Kostenfestsetzung ist der vom Sächsischen Landesarbeitsgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellte Vergleich vom 07.08.2013, in dem von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs die Beklagte 9/10, die Klägerin 1/10 zu tragen haben.
In arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren findet § 91 ZPO uneingeschränkt Anwendung, da sich der Erstattungsausschluss gemäß § 12 a Abs. 1 ArbGG nur auf das erstinstanzliche Verfahren bezieht. Dabei enthält § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Grundsatz, dass die unterliegende Partei insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten hat, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Notwendig sind alle und nur diejenigen Kos...