Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzungsbeschwerde. Entstehen einer Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr bei Rücknahme der Berufung, nachdem sich die Parteien außerordentlich auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hatten;. Entstehen einer Einigungsgebühr für das Verfahren 10 Ca 5911/04, wenn AG die Kündigung zurücknimmt und daraufhin der AN die Klage zurücknimmt
Leitsatz (redaktionell)
Eine Einigungsgebühr entsteht auch dann, wenn eine Partei die „Rücknahme” der Kündigung erklärt, die andere Partei die Klage gegen die Kündigung zurück nimmt und die Parteien sich auf eine Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses verständigen.
Normenkette
RVG VV 3 Abs. 3; RVG VV §§ 1000, 1004
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Beschluss vom 18.07.2006; Aktenzeichen 7 Ca 8229/03) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin und der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.07.2006 – 7 Ca 8229/03; 6 Sa 568/04 – wird auf Kosten der Klägerin und der Beklagten
z u r ü c k g e w i e s e n. |
2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.230,20 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Entstehung einer Termins- und Einigungsgebühr für das streitgegenständliche Verfahren aus Nr. 3104 VV RVG und Nr. 1004, 1000 VV RVG sowie über die Entstehung einer weiteren Einigungsgebühr für das Verfahren 10 Ca 5911/04 aus Nr. 1000 VV RVG.
Die Parteien des Ausgangsrechtsstreits stritten vor dem Arbeitsgericht über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 03.11.2003 zum 31.12.2003 sowie über die Prozessbeschäftigung der Klägerin über den 31.12.2003 hinaus.
Gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 06.05.2004 ließ die Beklagte am 22.07.2004 Berufung einlegen, die sie mit Schriftsatz vom 09.08.2004, eingegangen beim Sächsischen Landesarbeitsgericht am 11.08.2004, im Einzelnen begründete.
Die Berufung wurde dem Klägerinvertreter am 28.07.2004 zugestellt. Er bestellte sich mit Schriftsatz vom 28.07.2004, eingegangen am 30.07.2004, für das Berufungsverfahren und erwiderte nach Fristverlängerung durch das Sächsische Landesarbeitsgericht mit Schriftsatz vom 18.10.2004, eingegangen am 19.10.2004, auf die Berufungsbegründung der Beklagten.
Nachdem sich die Parteien außergerichtlich auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hatten, nahm der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 30.03.2005 namens und im Auftrag der Beklagten die Berufung zurück.
Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 05.04.2004 beantragt hatte, die Beklagte des Rechtsmittels der Berufung für verlustig zu erklären und ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, erging am 18.04.2005 ein Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts dahingehend, dass die Berufungsklägerin/Beklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat.
Daraufhin beantragte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 19.04.2005, eingegangen am 23.05.2005 (Bl. 167 d. A.), die Festsetzung der Kosten der II. Instanz in Höhe von 1.982,67 EUR gegen die Beklagte und erweiterte ihren Kostenfestsetzungsantrag mit Anwaltsschreiben vom 23.06.2005 (Bl. 179 d. A.) auf 2.214,90 EUR. Die Kostenberechnung beinhaltet neben der Verfahrensgebühr eine Termins- und Einigungsgebühr. In der Erweiterung vom 23.06.2005 wird zudem geltend gemacht, dass das erstinstanzliche Verfahren 10 Ca 5911/04 im Berufungsverfahren mitverglichen worden sei, so dass auch für dieses Verfahren eine 1,3-Einigungsgebühr berechnet werden müsse.
In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.07.2006 berücksichtigte das Arbeitsgericht die von der Klägerin zum Ausgleich angemeldete 1,6-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV RVG, die 1,2-Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG und die 1,3-Einigungsgebühr gemäß Nr. 1004, 1000 VV RVG, berechnet aus einem Gegenstandswert in Höhe von 7.924,00 EUR, sah aber von der Ausgleichung der von der Klägerin für das „mitverglichene” Verfahren 10 Ca 5911/04 beanspruchten 1,3-Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG ab, weil nach Ansicht des Rechtspflegers des Arbeitsgerichts die Einigung im Berufungsverfahren keine ausdrückliche Einigung zur Kündigung vom 27.09.2004 beinhalte und damit das Verfahren 10 Ca 5911/04 nicht einschließe, so dass die Festsetzung im Rahmen eines mitverglichenen Streitgegenstandes hier nicht in Betracht komme.
Hiergegen richtet sich sowohl die sofortige Beschwerde der Klägerin/Berufungsbeklagten vom 11.08.2006 als auch die sofortige Beschwerde der Beklagten/Berufungsklägerin vom 27.07.2006.
Die Klägerin/Berufungsbeklagte ist der Auffassung, dass die Absetzung der Einigungsgebühr für das erstinstanzliche Verfahren zu 10 Ca 5911/04 unzutreffend sei. Tatsächlich hätten die Verfahrensbevollmächtigten sich im Telefonat am 24.03.2005 sowohl über die Rücknahme der Berufung, wie auch die Rücknahme der weiteren Kündigung unter Zustimmung der Klägerin und Erledigungserklärung des noch beim Arbeitsgericht anhängigen Verfahrens verständigt. Die Verständigung gerade auch über die zweite Kündigung habe schon im Zusammenhang mit...