Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. Prozeßkostenhilfe
Verfahrensgang
ArbG Bautzen (Beschluss vom 11.02.1998; Aktenzeichen 1 Ca 1914/97) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers vom 26.03.1998 wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Bautzen vom 11.02.1998 – 1 Ca 1914/97 –
abgeändert:
1. Dem Kläger wird antragsgemäß Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt.
2. Dem Kläger wird antragsgemäß Frau Rechtsanwältin … aus Bautzen beigeordnet.
3. Die Partei hat weder Raten aus dem Einkommen aufzubringen noch Beträge aus dem Vermögen zu zahlen.
4. Damit hat sich die Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts Bautzen vom 30.03.1998 – 1 Ca 1914/97 – erledigt.
Tatbestand
I.
In dem Beschwerdeverfahren geht es darum, ob dem Kläger Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung einer von ihm selbst ausgewählten Rechtsanwältin zu bewilligen ist.
Der klagende Maurer, der Unterhaltspflichten gegenüber drei Personen hat und selbst ohne eigene Einkünfte ist, verfolgt monatlich abgerechneten und vergebens angemahnten Lohn für vier Monate. Zu Protokoll der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Bautzen hat er als Klageantrag gegeben,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.393,03 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem hieraus sich ergebenden Nettobetrag seit Zustellung der Klage zu bezahlen.
Die Zustellung der Klage wurde unter dem 17.12.1997 bewirkt. Am 14.01.1998 sind die den streitgegenständlichen Zeitraum betreffenden Lohnabrechnungen des Beklagten für den Kläger bei dem Arbeitsgericht eingegangen. Diese hatte das Arbeitsgericht mit der auf den 20.01.1998 erfolgten Terminsbestimmung vom 11.12.1997 bei dem Kläger eingefordert. Das in den Abrechnungen eingetragene Gesamtbrutto entspricht den noch eingeklagten Monatslöhnen.
Zu der Güteverhandlung vom 20.01.1998 ist der Kläger mit Frau … aus Bautzen erschienen. Der Kläger hat dort beantragt,
ihm Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Neff zu bewilligen.
Nachdem für den Beklagten im Gütetermin niemand erschienen ist, hat das Arbeitsgericht Bautzen auf den Antrag des Klägers ein dem Klageantrag entsprechendes Versäumnisurteil erlassen.
Die beantragte Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin hat das Arbeitsgericht abgelehnt. Dabei hat das Arbeitsgericht sowohl die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe als auch die Beiordnung der Anwältin unter einen „Erforderlichkeitsvorbehalt” gestellt: Auf die Prozeßkostenhilfe komme es nicht an, weil ein Versäumnisurteil ergangen sei und der Kläger danach keine Kosten zu tragen hätte. Die beantragte Beiordnung sei entbehrlich. Denn die Klage sei bereits zu Protokoll der Rechtsantragstelle über abgerechnete und damit als unstreitig anzusehende Lohnforderungen erklärt worden; außerdem sei zum Termin für den Beklagten niemand erschienen. Es sei deswegen ausschließlich um eine Titulierung der Forderungen gegangen. In einem solchen Fall müsse sich auch eine ansonsten bedürftige Partei selbst vertreten. Denn es komme nun nur noch darauf an, ggf. unter Mithilfe des Gerichts den Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils zu stellen.
Dagegen wendet sich die Beschwerde des Klägers. Sie macht insbesondere geltend, daß das Arbeitsgericht hinsichtlich der Bewilligungsvoraussetzungen für die Prozeßkostenhilfe ein gesetzlich nicht vorgesehenes Merkmal der „Erforderlichkeit” aufgestellt habe.
Die Staatskasse hält die Beschwerde für unbegründet. Das Arbeitsgericht habe eine durch die Beschwerdekammer nur begrenzt nachprüfbare Ermessensentscheidung getroffen, soweit es um die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe gehe. Auch sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts angesichts der klaren Sachlage und des Verfahrensablaufes entbehrlich gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers und der Staatskasse wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1.
Die beantragte Prozeßkostenhilfe ist zu bewilligen. Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO).
Das Wort „erhält” deutet darauf hin, daß Prozeßkostenhilfe zu bewilligen ist, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Es handelt sich mit anderen Worten um eine konditional gefaßte Anordnung. Auch aus dem letzten Halbsatz in der Regelung des § 114 ZPO folgt nicht, daß dem Gericht insofern ein Ermessensspielraum zustünde. Vielmehr befinden sich in dem letzten Halbsatz des § 114 ZPO mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung bedürfen. Insoweit besteht also für das Gericht kein Auswahlermessen auf der Rechtsfolgenseite, sondern lediglich ein Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite. Die Auslegung und die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist nach allgemeinen Grundsätzen in jeder Hinsicht rechtlich zu ü...