Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung. Verfahrenswert. Freistellung eines Betriebsratsmitglieds zur Teilnahme an Schulungsveranstaltung
Leitsatz (redaktionell)
Der Antrag des Betriebsrats, eines seiner Mitglieder zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG freizustellen, stellt eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit dar, deren Gegenstandswert mit 4.000 Euro festzusetzen ist.
Normenkette
BetrVG § 37 VI S. 1; RVG § 23 III 2
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Beschluss vom 29.06.2011; Aktenzeichen 9 BV 18/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1./Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und Beteiligten zu 1. in erster Instanz wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 29.06.2011 – 9 BV 18/11 –
- Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und Beteiligten zu 1. des Ausgangsverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
- Der Beschwerdewert wird auf 476,00 EUR festgesetzt.
- Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts.
Der Antragsteller, der Betriebsrat der Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin), hat das vorliegende Beschlussverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Antrag vom 05.04.2011 eingeleitet. Darin beantragt er, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Teilnahme von Frau … sowie Frau … an dem Schulungsseminar nach § 37 Abs. 6 BetrVG „Aktuelles Arbeitsrecht” am 07.04.2011 in … zu gestatten, die insoweit anfallenden Kosten zu übernehmen und Frau … sowie Frau … für die Teilnahme an dieser Schulung von der Arbeitsleistung nach § 37 Abs. 2 BetrVG freizustellen.
Das Verfahren wurde nach übereinstimmender Erledigterklärung der Parteien durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 06.06.2011 eingestellt.
Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 05.07.2011 den Gegenstandswert auf 970,00 EUR festgesetzt. Hierbei hat es die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Arbeitgeberin (Vergütung der betroffenen Betriebsratsmitglieder für einen Tag sowie Seminarkosten) zugrunde gelegt.
Gegen diesen dem Betriebsrat am 05.07.2011 zugesandten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers/Betriebsrats mit am 20.07.2011 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Gegenstandswert auf 4.000,00 EUR festzusetzen.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers stelle der Antrag des Antragstellers auf Freistellung eines seiner Mitglieder zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung i. S. v. § 37 Abs. 6 BetrVG eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit dar.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde auch insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 EUR und ist somit zulässig.
2. In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers war hier auf 4.000,00 EUR festzusetzen.
Der Wert des Verfahrensgegenstands ist im vorliegenden Fall nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, muss dabei von einem Hilfswert von 4.000,00 EUR ausgegangen werden, der nach Lage des Falles niedriger oder – bei einer Obergrenze von 500.000,00 EUR – höher angenommen werden kann.
Ob es sich bei dem Antrag des Betriebsrats, eine seiner Mitglieder für die Teilnahme an einer Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG bezahlt freizustellen, um eine vermögensrechtliche oder nichtvermögensrechtliche Angelegenheit i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG handelt, wird in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte nicht einheitlich entschieden. Nach der Auffassung hat der geltend gemachte Freistellungsanspruch vermögensrechtliche Natur. Wenn der Arbeitgeber verpflichtet werden solle, das Betriebsratsmitglied für die Dauer der Schulung ohne Arbeitsleistung zu vergüten, handele es sich um einen Eingriff in das vertragliche Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung; dieser wirtschaftliche Gesichtspunkt stehe im Vordergrund und müsse für die Wertfestsetzung maßgebend sein (LAG Hamm, Beschluss vom 27.10.2010 – 10 Ta 467/10 – und vom 05.11.2010 – 13 Ta 468/10 –; LAG Köln, Beschluss vom 26.06.2006 – 7 Ta 75/07 –). Die Gegenmeinung stellt hingegen darauf ab, dass es bei einer Freistellung für eine Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG nicht vordringlich um die Zahlung der Vergütung an das Betriebsratsmitglied, sondern um den Schulungsbedarf des Betriebsratsgremiums geht; dieser Gegenstand sei nichtvermögensrechtlicher Art (LAG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 28.05.2008 – 17 Ta [Kost] 6056/08 –; vom 18.06.2007 – 17 Ta [Kost] 6163/07 –; LAG Rheinland-P...