Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren kann es zur refomatio in peius kommen.
2. War der Bestand des Arbeitsverhältnisses weder streitig noch ungewiss, ist kein Vergleichsmehrwert festzusetzen, wenn sich die Parteien aus Anlass eines Vergütungsrechtstreits einigen, das Arbeitsverhältnis gegen Abfindung zu beenden.
Normenkette
RVG §§ 33, 33 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 17.08.2023; Aktenzeichen 6 Ca 427/23) |
Tenor
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 17.8.2023 in der Fassung der Teilabhilfeentscheidung vom 17.10.2023 wird
abgeändert
und der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen auf 6.860,87 € festgesetzt.
Gründe
I.
In der Hauptsache begehrte der in ungekündigtem Arbeitsverhältnis stehende der Kläger von seiner Arbeitgeberin den Rest einer vertraglich vereinbarten Bonuszahlung i.H.v. 5.620,87 € brutto, die Erteilung einer Gehaltsabrechnung sowie die Zahlung eines weiteren Betrages von 40,00 €. Die Parteien einigten sich während des Rechtsstreits auf die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses und schlossen dazu einen durch Beschluss vom 6.7.2023 gerichtlich festgestellten Vergleich, durch den auch der Rechtsstreit über die Hauptsache erledigt wurde.
Mit Schreiben vom 15.6.2023 beantragte der Beschwerdeführer den "Streitwert für die anwaltliche Tätigkeit" für das Verfahren auf 70.215,66 € sowie einen Vergleichsmehrwert von 100.630,88 € festzusetzen. Durch Verfügung vom 27.7.2023 hörte das Arbeitsgericht den Beschwerdeführer und den Kläger zur Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit an und teilte mit, es sei beabsichtigt, den Wert auf. 6.860,40 € für das Verfahren und auf 70.279,35 € für den Vergleich festzusetzen.
In dem angefochtenen Beschluss vom 17.8.2023 setzte das Arbeitsgericht den "Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klagepartei" unter Angabe der Rechtsgrundlagen der §§ 32 RVG, 63 Abs. 2 GKG auf 6.860,40 € für das Verfahren und auf 70.279,35 € für den Vergleich fest. Dem Beschluss ist eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, nach der innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft oder anderweitiger Erledigung des Verfahrens die einfache Beschwerde zulässig ist, wenn der Beschwerdewert 200,00 € übersteigt.
Gegen den an Beschwerdeführer und Kläger formlos übermittelten Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30.8.2023 Beschwerde ein. Dieser half das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 17.10.2023 teilweise ab, indem es den Wert des Vergleichs auf 70.298,88 € festsetzte. Im Übrigen legte es die Beschwerde dem Sächsischen Landesarbeitsgericht als zuständigem Beschwerdegericht vor.
Das Beschwerdegericht wies mit Schreiben vom 30.11.2023 darauf hin, dass der Verfahrensakte nicht zu entnehmen ist, ob zum Zeitpunkt der Feststellung des Vergleichs durch den gerichtlichen Beschluss vom 6.7.2023 Streit oder Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und über die anderen, in dem Vergleich geregelten Angelegenheiten bestand. Zugleich wies das Beschwerdegericht darauf hin, dass im Beschwerdeverfahren eine Abänderung der Wertfestsetzung zulasten des Beschwerdeführers in Betracht kommt und dass Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts kraft Gesetzes ausgeschlossen sind.
In seiner Stellungnahme vom 6.12.2023 räumt der Beschwerdeführer ein, dass die Parteien primär um die Höhe einer Prämie gestritten haben. In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht habe die Beklagte mitgeteilt, dass man sich in der streitgegenständlichen Sache nicht einigen möge, weil die Intention der Beklagten mittlerweile dahin gehe, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Daran hätten sich außergerichtlich Einigungsversuche mit dem Ziel einer Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeschlossen, die in den vom Gericht festgestellten Vergleichstext gemündet seien. Zum Zeitpunkt der Feststellung des Vergleichs habe damit Streit/Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die im Vergleich letztendlich mit geregelten Ansprüche bestanden.
II.
1. Die vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft. Sie richtet sich gegen einen Beschluss nach § 33 Abs. 1 RVG. Nach dieser Vorschrift setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. Genau dies beabsichtigte das Arbeitsgericht, obwohl es die im Beschluss vom 17.8.2023 getroffene Entscheidung rechtlich unzutreffend auf die für die Festsetzung des Werts für die Berechnung der Gerichtsgebühren maßgebliche Vorschriften der §§ 63 Abs. 2 GKG, 32 RVG gestü...