Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Müllwerkers nach dem Bundesentgeltrahmentarifvertrag. Unbegründete Eingruppierungsfeststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zum zeitlichen Umfang der Erfüllung beanspruchter Tarifmerkmale. Unzulässige Klageerweiterung zur Vergütung aus geringeren Vergütungsgruppen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Falle einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat der Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen des materiellen und des Verfahrensrechts diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Streitfall zu beweisen, aus denen für das Gericht der rechtliche Schluss möglich ist, dass er die tariflichen Tätigkeitsmerkmale - gegebenenfalls unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungsmerkmale - erfüllt.

2. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 des Bundesentgeltrahmentarifvertrages vom 24.10.2001 (B-ERTV) ist für eine Eingruppierung die “überwiegend ausgeübte Tätigkeit„ entscheidend. Das ist die Tätigkeit, die mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt.

3. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 B-ERTV ist der Bewertungszeitraum der Kalendermonat, so dass zum Zweck der eingruppierungsrechtlichen Bewertung der Tätigkeit auf die jeweiligen Umstände des Kalendermonats abzustellen ist.

4. Hilfsweise gestellte Eingruppierungsfeststellungsanträge bedürfen einer gesonderten Antragstellung, wenn sie nicht in dem auf Vergütung nach der begehrten Vergütungsgruppe gerichteten Eingruppierungsfeststellungsantrag enthalten sind.

5. Umfasst die höhere Vergütungsgruppe nicht niedrigere Vergütungsgruppen, ist sie nicht vom Klageantrag umfasst; in diesem Fall ist der Streitgegenstand auf die höhere Vergütungsgruppe beschränkt.

 

Normenkette

B-ERTV § 2 Abs. 2 Sätze 1-2; ZPO § 256 Abs. 1, § 263

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen 9 Ca 605/11)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 22.06.2011 - 9 Ca 605/11 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger nach den Vergütungsgruppen 8, 7, 6 oder 5 des Bundesentgeltrahmen-Tarifvertrages vom 24.10.2001 zu vergüten ist.

Der am ...1963 geborene Kläger ist seit 21.06.1993 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Abfallwirtschaft betreibt, beschäftigt. Die einzelnen Arbeitsbedingungen vereinbarten die Parteien mit dem Arbeitsvertrag vom 17.08.1992 (Bl. 120 ff. d. A.).

Die Beklagte war jedenfalls seit 1996 Mitglied im Bundesverband ... e. V. (im Folgenden: ...). Ob die Mitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband des ... beendet ist, ist streitig.

Nach den Bestätigungen der Gewerkschaft ... vom 02.05.2011 (Bl. 170 d. A.) und vom 12.01.2012 (Bl. 722 d. A.) war der Kläger seit März 1997 Mitglied der Gewerkschaft ...

Mit Schreiben vom 12.07.2010 (Bl. 178 ff. d. A.), 22.07.2010 (Bl. 181 d. A.), 04.10.2010 (Bl. 182 d. A.) und vom 31.01.2011 (Bl. 183 f. d. A.) wandte sich der Kläger wegen ausstehender Lohnzahlungen an die Beklagte.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass er Anspruch habe, nach der Vergütungsgruppe 8 Stufe 5 BERT vergütet zu werden. Die Eingruppierungsfeststellungsklage sei zulässig. Er, der Kläger, sei Fahrer und Bediener eines Sonderabfalltransporters, für den die Berechtigung nach GGVS/ADR (Gefahrgut) erforderlich sei. Er sei insoweit mit der Schadstoffsammlung beauftragt. Er führe eine Tätigkeit mit besonderer Qualifikation und erweiterten Kenntnissen durch, die durch mehrjährige bzw. gesicherte Berufserfahrungen erlangt worden seien.

Ab Dezember 2007 ergebe sich ein Anspruch in Höhe von insgesamt 18.682,61 € brutto. Im Falle einer Geltung der tarifvertraglichen Ausschlussfristen sei eine Geltendmachung jedenfalls mit Schreiben vom 12.07.2010 erfolgt, so dass Ansprüche ab April 2010 nicht verfallen wären.

Der Kläger hat erstinstanzlich, soweit noch keine Entscheidung im Berufungsverfahren vorliegt, folgende Klageanträge gestellt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Entgelt gemäß der Vergütungsgruppe 8 Stufe 5 des ab 01.01.2002 geltenden Bundesentgeltrahmentarifvertrages (BERT) vom 31.10.2001 i. V. m. d. ab 01.05.2008 geltenden Änderungstarifvertrag zum BERT vom 03.06.2008 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.682,61 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass eine Tarifbindung nicht bestehe. Die Mitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband des ... habe am 30.04.2002 geendet. Die Eingruppierungsfeststellungsklage sei unzulässig, da vorrangig eine Leistungsklage zu erheben sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 8 Stufe 5 ab 01.05.2008. Der Kläger sei nicht als Fahrer und Bediener eines Sonderabfalltransporters, sondern als Müllwerker angestellt. Zu ...

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