Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Müllwerkers in einem Unternehmen der Abfallwirtschaft. Unbegründete Feststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zu den tariflichen Eingruppierungsmerkmalen des Bundes-Entgeltrahmentarifvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Falle einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat der Arbeitnehmer nach den allgemeinen Grundsätzen des materiellen und des Verfahrensrechts diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Streitfall zu beweisen, aus denen für das Gericht die rechtliche Schlussfolgerung möglich ist, dass er die tariflichen Tätigkeitsmerkmale und gegebenenfalls auch die darin vorgesehenen Qualifizierungsmerkmale erfüllt; dazu bedarf es eines entsprechenden substantiierten Tatsachenvortrags.

2. Von den gleichen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer keine Eingruppierungsfeststellungsklage erhebt sondern innerhalb einer Zahlungsklage das Vorliegen der Voraussetzungen einer entsprechenden Eingruppierung behauptet.

3. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Bundes-Entgeltrahmentarifvertrages (B-ERTV) ist für eine Eingruppierung die "überwiegend ausgeübte Tätigkeit" entscheidend; das ist die Tätigkeit, die mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt.

4. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 B-ERTV ist der Bewertungszeitraum der Kalendermonat; das spricht dafür, dass zum Zweck der eingruppierungsrechtlichen Bewertung der Tätigkeit auf die jeweiligen Umstände des Kalendermonats abzustellen ist.

5. Beschränkt sich das Vorbringen des Arbeitnehmers auf pauschale Angaben, indem er darlegt, "nur" (also ausschließlich) als Fahrer und Bediener eines Sonderabfalltransporters mit erforderlicher GGVS/ADR-Genehmigung und Schadstoffsammler tätig zu sein, und im Weiteren behauptet, "mehr als 90 %" entsprechend tätig gewesen zu sein, ist eine solche Darlegung zur Feststellung von Zeitanteilen der jeweiligen Tätigkeiten unzureichend.

6. Hat die Arbeitgeberin ausgeführt, dass sich die Tätigkeiten des Arbeitnehmers arbeitstäglich nicht auf eine bestimmte, gleichartige und gleichwertige Tätigkeit beschränkt haben sondern arbeitstäglich unterschiedliche und auch unterschiedlich zu bewertende Arbeiten verrichtet wurden, hat dieser Sachvortrag zur Folge, dass der Arbeitnehmer im Hinblick auf den in § 2 Abs. 2 BERT enthaltenen Eingruppierungsgrundsatz ("überwiegend ausgeübte Tätigkeit") arbeitstäglich darzulegen hat, an welchen Arbeitstagen er welche einheitlichen Arbeiten oder unterschiedlichen Tätigkeiten erbracht hat, da erst aufgrund eines solchen Sachvortrags eine Feststellung der zutreffenden Eingruppierung möglich ist.

 

Normenkette

B-ERTV § 2 Abs. 2 Sätze 1-2; ZPO § 138 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen 9 Ca 605/11)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 22.06.2011 - 9 Ca 605/11 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger nach den Vergütungsgruppen 8, 7, 6 oder 5 des Bundesentgeltrahmen-Tarifvertrages vom 24.10.2001 zu vergüten ist.

Der am ...1963 geborene Kläger ist seit 21.06.1993 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Abfallwirtschaft betreibt, beschäftigt. Die einzelnen Arbeitsbedingungen vereinbarten die Parteien mit dem Arbeitsvertrag vom 17.08.1992 (Bl. 120 ff. d. A.).

Die Beklagte war jedenfalls seit 1996 Mitglied im Bundesverband ... e. V. (im Folgenden:

...). Ob die Mitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband des ... beendet ist, ist streitig.

Nach den Bestätigungen der Gewerkschaft ... vom 02.05.2011 (Bl. 170 d. A.) und vom 12.01.2012 (Bl. 722 d. A.) war der Kläger seit März 1997 Mitglied der Gewerkschaft ...

Mit Schreiben vom 12.07.2010 (Bl. 178 ff. d. A.), 22.07.2010 (Bl. 181 d. A.), 04.10.2010 (Bl. 182 d. A.) und vom 31.01.2011 (Bl. 183 f. d. A.) wandte sich der Kläger wegen ausstehender Lohnzahlungen an die Beklagte.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass er Anspruch habe, nach der Vergütungsgruppe 8 Stufe 5 BERT vergütet zu werden. Die Eingruppierungsfeststellungsklage sei zulässig. Er, der Kläger, sei Fahrer und Bediener eines Sonderabfalltransporters, für den die Berechtigung nach GGVS/ADR (Gefahrgut) erforderlich sei. Er sei insoweit mit der Schadstoffsammlung beauftragt. Er führe eine Tätigkeit mit besonderer Qualifikation und erweiterten Kenntnissen durch, die durch mehrjährige bzw. gesicherte Berufserfahrungen erlangt worden seien.

Ab Dezember 2007 ergebe sich ein Anspruch in Höhe von insgesamt 18.682,61 € brutto. Im Falle einer Geltung der tarifvertraglichen Ausschlussfristen sei eine Geltendmachung jedenfalls mit Schreiben vom 12.07.2010 erfolgt, so dass Ansprüche ab April 2010 nicht verfallen wären.

Der Kläger hat erstinstanzlich, soweit noch keine Entscheidung im Berufungsverfahren vorliegt, folgende Klageanträge gestellt:

Es wird festgestellt, dass die Bekl...

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