Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung von Verträgen. Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 BGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen.
2. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611a Abs. 2, §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1, § 214 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 28.09.2017; Aktenzeichen 1 Ca 4439/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 28.09.2017 – 1 Ca 4439/16 –
a b g e ä n d e r t
und die Beklagte weiter verurteilt, an den Kläger weitere 786.198,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 178.362,84 € brutto seit 01.02.2013,
aus 115.121,30 € brutto seit 01.02.2014,
aus 153.405,81 € brutto seit 01.02.2015,
aus 172.635,01 € brutto seit 01.02.2016 und
aus 166.673,29 € brutto seit 01.02.2017
zu bezahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten im ersten Rechtszug entfallen 14 % auf den Kläger und 86 % auf die Beklagte.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 8 %, die Beklagte 92 %.
Revision ist nicht zugelassen.
Tatbestand
In dem Berufungsverfahren streiten die Parteien noch über einen Beteiligungsanspruch des Klägers.
Der am ...1962 geborene Kläger ist Facharzt für Chirurgie, Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie, Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, Tauch- und Überdruckmedizin und Sportmedizin.
Aufgrund unter dem 27.10.2011 (auch wenn es heißt: "201") unterzeichneten Dienstvertrages wurde er mit Wirkung zum 01.02.2012 als Chefarzt der von der Beklagten getragenen Klinik für spezialisierte septische Chirurgie des Zentrums für Traumatologie in der Klinikum ... gGmbH angestellt. Das Vertragsverhältnis hat mit Ablauf des 31.12.2016 sein Ende gefunden.
In dem Dienstvertrag (fortan: DV) ist auszugsweise Folgendes geregelt:
"...
§ 3
Aufgaben, Rechte und Pflichten
(1) Dem Chefarzt obliegt:
a) die vor-, voll-, teil- und nachstationäre (sic.) aller Kranken seiner Klinik sowie der stationären Gutachter- und Behandlungsfälle und die ambulante Behandlung, soweit es sich nicht um ambulante privatversicherte oder selbstzahlende Patienten handelt;
b) die Beratung, Untersuchung und Mitbehandlung der vor-, voll-, teil- und nachstationären Behandlungsfälle einschließlich ambulanter Operationen in anderen Kliniken des Klinikums, einschließlich der Belegabteilungen, soweit sein Fachgebiet berührt wird;
c) die Durchführung ambulanter Notfallbehandlung aller Patienten des Klinikums;
d) die nichtstationäre Untersuchung und Befundung von Patienten anderer stationärer Einrichtungen sowohl der ... Unternehmensgruppe als auch fremder Träger, soweit die Untersuchung und Behandlung auf Veranlassung der anderen Einrichtung erfolgt;
e) die Vornahme der Leichenschau und die Ausstellung der Todesbescheinigung bei Todesfällen in ihrem Fachbereich;
f) die Durchführung von Früherkennungsmaßnahmen, wenn sie aus Anlass eines stationären Aufenthaltes seiner Klinik durchgeführt werden;
g) die Erbringung vor-, voll-, teil- und nachstationärer Leistungen und ambulanter Leistungen durch das Klinikum als Institution im Rahmen der Zuständigkeit der Klinik;
h) die Sicherstellung der Einhaltung der geltenden Verordnungen zur Qualitätssicherung in den jeweils gültigen Fassungen; insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes.
...
Die vorgenannten Leistungen (a – h) hat der Chefarzt, soweit er sie nicht persönlich erbringt, durch nachgeordnete Mitarbeiter erbringen zu lassen und dann im notwendigen Umfang zu überwachen.
...
§ 5
Vergütung im dienstlichen Aufgabenbereich und Einräumung des Liquidationsrechts
(1) Der Chefarzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine feste Jahresvergütung in Höhe von 100.000,-- EUR brutto (Arbeitnehmerbrutto). Mit voller Erreichung der Bettenkapazität und Leistung (geplant II/2013) wird die feste Jahresvergütung auf 105.000,-- EUR erhöht. Danach wird nach Ablauf von zwei Jahren über eine Anpassung der festen Vergütung unter Berücksichtigung der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung im Krankenhausbereich neu verhandelt.
(2) Der Chefarzt erhält eine Jahres-Bereitschafts- und Rufdienstpauschale in Höhe von 40.000...