Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt. Besitzstandszulage. kinderbezogene Entgeltbestandteile. Teilzeitbeschäftigte
Leitsatz (amtlich)
Die zwischen Tarifparteien vereinbarte schrittweise Rückkehr von Lehrkräften des Freistaates Sachsen in die Vollbeschäftigung führt nicht zu einer Neuberechnung und Kürzung der Besitzstandszulage aus § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L nach § 11 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-L i. V. m. § 24 Abs. 2 TV-L.
Orientierungssatz
Fortzahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile als Besitzstandszulage nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L/Veränderung des Beschäftigungsumfanges/„individuelle” Vereinbarung i. S. d. § 24 Abs. 2 TVÜ-L/schrittweise Rückkehr von Lehrkräften des Freistaates Sachsen in die Vollbeschäftigung/Anschlussberufung wahlweise neben Urteilsergänzung
Normenkette
BGB § 611; ZPO §§ 293, 321 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bautzen (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 2 Ca 2186/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 16.09.2010 – 2 Ca 2188/10 – wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das vorgenannte Urteil abgeändert und erhält insgesamt folgende Fassung:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 948,39 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus
107,76 EUR brutto seit dem 01.03.2009,
aus weiteren 112,94 EUR brutto seit dem 01.04.2009,
aus weiteren 112,94 EUR brutto seit dem 01.05.2009,
aus weiteren 111,00 EUR brutto seit dem 01.06.2009,
aus weiteren 111,00 EUR brutto seit dem 01.07.2009,
aus weiteren 44,40 EUR brutto seit dem 01.08.2009,
aus weiteren 25,38 EUR brutto seit dem 01.09.2009,
aus weiteren 25,38 EUR brutto seit dem 01.10.2009,
aus weiteren 25,38 EUR brutto seit dem 01.11.2009,
aus weiteren 25,38 EUR brutto seit dem 01.12.2009,
aus weiteren 25,38 EUR brutto seit dem 01.01.2010,
aus weiteren 27,44 EUR brutto seit dem 01.02.2010,
aus weiteren 27,44 EUR brutto seit dem 01.03.2010,
aus weiteren 111,03 EUR brutto seit dem 01.04.2010,
aus weiteren 27,77 EUR brutto seit dem 01.05.2010 sowie
aus weiteren 27,77 EUR brutto seit dem 01.06.2010
zu bezahlen.
Von den Kosten im ersten Rechtszug trägt der Kläger 30/100, der Beklagte 70/100. Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte allein.
2. Die Revision ist für den Beklagten zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer dem Kläger fortzuzahlenden Besitzstandszulage.
Der am …1960 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger steht bei dem Beklagten in einem seit 01.08.1981 rechnenden Arbeitsverhältnis als Lehrer.
Zwischen den Parteien galt aufgrund (fortbestehender) Tarifbindung zunächst der BAT-O. Dieser wurde mit Wirkung zum 01.11.2006 durch den TV-L ersetzt. Die Bedingungen der Überleitung der Arbeitsverhältnisse vom BAT-O zum TV-L regelt der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ebenfalls anwendbare Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L (TVÜ-L).
Der Kläger war beginnend ab 01.08.2006 mit einer Stundenanzahl von 16,68 Wochenunterrichtsstunden beschäftigt, was 70 % des Beschäftigungsumfangs eines Vollbeschäftigten ausmacht. Maßgebliche Bezugsgröße sind hierfür aufgrund der Tätigkeit des Klägers als Sportlehrer nicht 28 Unterrichtsstunden wöchentlich, sondern 29 Unterrichtsstunden wöchentlich.
Zum Zeitpunkt der Überleitung war der Kläger mithin im Vergleich zu einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer mit einer anteiligen Wochenarbeitszeit von 70 % beschäftigt.
Für das Schuljahr 2007/2008 sowie das Schuljahr 2008/2009 war der Kläger sodann mit 75 % gegenüber einem vollbeschäftigten Lehrer, also mit 21,75 wöchentlichen Unterrichtsstunden beschäftigt.
Für das Schuljahr 2009/2010 wurde der Beschäftigungsumfang nochmals erhöht, so dass der Kläger mit Wirkung ab dem 01.08.2009 mit wöchentlich 24,86 Unterrichtsstunden tätig war. Dies entspricht einer Beschäftigung in Höhe von 85,71 % im Vergleich zu einem vollbeschäftigten Sportlehrer.
Seit dem 01.08.2010 ist der Kläger als vollbeschäftigte Lehrkraft beschäftigt. Es erfolgte also eine kontinuierliche Erhöhung der wöchentlichen Arbeitsstunden.
Hintergrund hierfür ist folgender:
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet auch die „Vereinbarung über die Gestaltung eines sozialverträglichen Personalabbaus an Grundschulen des Freistaates Sachsen” vom 21.02.1997 sowie die diesbezüglich abgeschlossene „Änderungsvereinbarung” ab dem 01.08.2005 und die „Vereinbarung zur schrittweisen Rückkehr der Lehrkräfte an Grundschulen des Freistaates Sachsen in die Vollzeitbeschäftigung” Anwendung.
In der Änderungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und der … (deren Mitglied der Kläger ist) wurde ab dem 01.08.2005 vereinbart, dass für das Schuljahr 2005/2006 64,28 %, für das Schuljahr 2006/2007 64,28 %, für das Schuljahr 2007/2008 67,87 % und für das Schuljahr 2008/2009 71,43 % als Arbeitszeitumfang im Vergleich zu einem Vollbeschäftigten festgelegt werden. Dies entspricht einer Wochenstundenunterri...