Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Urteil vom 14.11.1995; Aktenzeichen 13 Ca 739/95) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 14.11.1995 – 13 Ca 739/95 – abgeändert:
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Ausbildungsvergütung in Höhe von 247,91 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 22.12.1994 zu zahlen.
- Der Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 01.08.1994 bis einschließlich 14.10.1994 eine Abrechnung zu erteilen und die daraus resultierenden Sozial Versicherungsbeiträge abzuführen.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 13/15, der Beklagte 2/15 zu tragen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um noch offenstehende Lohnforderungen der Klägerin für die Zeit von September bis Oktober 1994 sowie um die Erteilung einer entsprechenden Lohnabrechnung durch den Beklagten.
Im Juni 1995 führte der Beklagte mit der Klägerin ein Einstellungsgespräch zwecks Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin durch. Als Beginn der Tätigkeit wurde der 01.08.1994 vorgesehen und zwischen den Parteien eine monatliche Ausbildungsvergütung in Höhe von 360,00 DM brutto zuzüglich 15,00 DM Fahrgeld vereinbart.
Ein formularmäßiger, schriftlicher Berufsausbildungsvertrag wurde von den Parteien weder unterzeichnet noch das Berufsausbildungsverhältnis in das Verzeichnis über die Berufsausbildungsverhältnisse bei der Rechtsanwaltskammer des Landes … aufgenommen.
Am 01.08.1994 nahm die Klägerin bei dem Beklagten ihre Tätigkeit als Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin auf und arbeitete bis zum 14.10.1994 für den Beklagten, wobei sie in dieser Zeit vom 01.08.1994 bis 14.10.1994 für den Beklagten insgesamt 456 Stunden und 55 Minuten arbeitete.
Spätestens ab September 1994 besuchte die Klägerin jeweils montags und freitags die Berufsschule.
Für den August 1994 erhielt die Klägerin von dem Beklagten vereinbarungsgemäß 375,00 DM ausgezahlt. Im September 1994 erfolgte eine Zahlung in Höhe von 305,66 DM, für Oktober 1994 erfolgte keine Zahlung durch den Beklagten. Der Beklagte hat für die Dauer des Berufsausbildungsverhältnisses auch keine Lohnabrechnungen der Klägerin erteilt.
Mit ihrer Klage vom 18.01.1995, beim Arbeitsgericht eingegangen am 20.01.1995, macht die Klägerin u. a. ihre noch offenstehenden Lohnforderungen basierend auf einem ortsüblichen Stundensatz von 10,00 DM für eine Aushilfskraft in Höhe von insgesamt 3.889,34 DM geltend, nachdem der Beklagte erfolglos durch Anwaltsschreiben vom 08.12.1994 zur außergerichtlichen Zahlung und Rechnungslegung bis zum 22.12.1994 aufgefordert worden war.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, daß die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 4 BBiG für den Abschluß eines Berufsausbildungsvertrages konstitutiv sei und zwischen den Parteien demzufolge ein Berufsausbildungsverhältnis nicht wirksam zustande gekommen sei. Da der Beklagte die Leistungen der Klägerin jedoch in Anspruch genommen habe, ohne daß eine Vereinbarung über die Höhe der monatlich zu zahlenden Vergütung zustande gekommen sei, schulde der Beklagte der Klägerin gemäß § 612 Abs. 1 und 2 BGB die ortsübliche Vergütung für eine Aushilfskraft. Diese sei mit 10,00 DM je Stunde zu beziffern, woraus sich die hier geltend gemachte Klageforderung in Höhe von 3.889,34 DM ergebe.
Zwar habe das Bundesarbeitsgericht im Jahre 1992 entschieden, daß ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 BBiG die Wirksamkeit des mündlich abgeschlossenen Vertrages nicht berühre, doch eine derartige Interpretation sei heute unter Berücksichtigung der EG-Richtlinien nicht mehr angezeigt. Der Schutz des Auszubildenden gehe dem Schutz des Ausbilders vor.
Die Klägerin hat beantragt:
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.889,34 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 22.12.1994 zu zahlen.
- Der Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 01.08.1994 bis einschließlich 14.10.1994 eine Abrechnung zu erteilen und die daraus resultierenden Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, daß das hier vorliegende Ausbildungsverhältnis auch ohne schriftliche Niederlegung des Ausbildungsvertrages wirksam zustande gekommen sei. Die Schriftform habe lediglich deklaratorischen Charakter. Die Parteien seien sich über das Ausbildungsverhältnis, dessen Beginn und die Ausbildungsvergütung einig gewesen. Damit sei von einem wirksam zustandegekommenen Ausbildungsverhältnis auszugehen.
Das Arbeitsgericht Chemnitz hat mit Urteil vom 14.11.1995 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Berufsausbildungsvertrag auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden könne und an keine Formvorschriften gebunden sei. Dies ergebe sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BBiG, der vorschreib...