Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 10.06.1997; Aktenzeichen 7 Ca 439/97) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 10.06.1997 – 7 Ca 439/97 – wird auf Kosten der Klägerin
zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht Streit über die tarifvertragliche Entgeltfortzahlungsregel.
Die am 28.03.1974 geborene Klägerin war vom 01.09.1990 bis 31.03.1997 bei der Beklagten als Floristin zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von DM 1.967,00 beschäftigt.
Aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit findet auf das Arbeitsverhältnis der Rahmentarifvertrag zwischen dem Fachverband Deutscher Floristen e. V. – Bundesverband und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft – Hauptvorstand – vom 23. Februar 1994 (im folgenden: RTV) Anwendung.
Der Rahmentarifvertrag enthält in § 9 Abs. 3 Ziff. 2 folgende Regelung:
- …
- Für die Fortzahlung im Krankheitsfalle gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
- …
- …
Die Klägerin war in der Zeit vom 14.10.1996 bis zum 26.10.1996 arbeitsunfähig krank. Für diese Zeit hat die Beklagte der Klägerin lediglich 80 % der Vergütung gezahlt und sich wegen der Kürzung auf § 4 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz vom 26. Mai 1994 in der Zeit seit dem 01.10.1996 geltenden Fassung berufen.
Mit Schreiben vom 09.12.1996 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten, nachdem die Beklagte mit der Abrechnung für November 1996 die entsprechende Kürzung des Entgeltfortzahlungsanspruches der Klägerin vorgenommen hatte, die restlichen 20 % des noch ausstehenden Entgeltfortzahlungsahspruches geltend gemacht.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, daß § 9 Abs. 3 Ziff. 2 des RTV eine konstitutive Regelung darstelle. Andernfalls hätten die Tarifvertragsparteien die Formulierung „jeweils die gesetzlichen Regelungen” verwendet. Es sei unvorstellbar, daß die Tarifvertragsparteien, insbesondere die Gewerkschaft Gartenbau-, Land- und Forstwirtschaft, mit der Bezugnahme auf das Gesetz, auch die Vorstellung einer niedrigeren gesetzlichen Lohnfortzahlung von 80 % verbunden hätten. Auch sei es erklärter Wille des Gesetzgebers gewesen, in bestehende Tarifverträge nicht einzugreifen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für November 1996 in Höhe von DM 170,46 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 16.12.1996 zu zahlen sowie hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und regt ebenfalls an, die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte hat vorgetragen, daß nach Auskunft des Vorsitzenden der Bundestarifkommission des zuständigen Arbeitgeberverbandes bei Abschluß des Rahmentarifvertrages vom 23.02.1994 es der gemeinsame Wille der vertragsschließenden Parteien gewesen sei, daß die Art. und Weise der Lohnfortzahlung immer durch die jeweils gültige gesetzliche Regelung erfaßt sein sollte. Mit der Formulierung in § 9 Abs. 3 Ziff. 2 des RTV sei selbstverständlich gemeint, daß die jeweils gültigen gesetzlichen Regelungen für die Art. und Weise der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle Gültigkeit haben sollten.
Das Arbeitsgericht Dresden hat mit Urteil vom 10.06.1997, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (Bl. 35 bis 41 d. A.), die Klage abgewiesen.
Gegen das der Klägerin am 04.07.1997 zugestellte Urteil hat diese am 01.08.1997 Berufung eingelegt und diese mit am 29.08.1997 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Zur Begründung der Berufung führt die Klägerin aus, daß entgegen der Meinung des Arbeitsgerichts keineswegs angenommen werden könne, daß es sich bei § 9 Abs. 3 Ziff. 2 RTV um eine deklaratorische Norm handeln würde. Dies ergebe sich aus dem in den Entscheidungsgründen enthaltenen Auszug aus § 9. Unter III Satz 3 hätten die Tarifvertragsparteien nämlich eine Sonderregelung zu § 3 Lohnfortzahlungsgesetz getroffen. Der Wortlaut sei anders als in der gesetzlichen Norm, außerdem könne der Arbeitgeber im Zweifelsfalle auf der Vorlage eines vertrauensärztlichen Zeugnisses auf seine Kosten bestehen.
Vergleichbares enthalte § 3 Lohnfortzahlungsgesetz nicht. Es sei also offensichtlich, daß eine konstitutive Regelung vorliege. Das zeige sich auch bei der Betrachtung des ganzen § 9: Es handele sich hier um eine eigenständige Regelung der Freistellung bei Arbeitsverhinderung. Auf den eigenständigen Charakter verweise insbesondere § 9 Abs. 1, der eine typische tarifvertragliche Bestimmung sei. § 9 Abs. 2 2 a enthaltene eine Ergänzung beispielsweise auch der §§ 20 bis 29 ArbGG, welche ausdrücklich im Gesetz nicht enthalten sei. § 9 Abs. 3 Satz 1 ergänze hier die §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Lohnfortzahlungsgesetz, 616 Abs. 2 BGB, 63 Abs. 1 HGB, 133 c Gewerbeordnung. Arztbesuche während der Arbeitszeit seien dann nötig, wenn Krankheit bzw. Unfall sich während der Arbeitszeit ereignen würden und eine sofortige Behandlung notwendig sei.
Es werde best...