Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 19.05.1995; Aktenzeichen 15 Ca 11500/94)

 

Tenor

1.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Leipzig vom 19.05.1995 – 15 Ca 11500/94 – wird auf Kosten des Klägers

zurückgewiesen.

2.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Dauer der anrechnungsfähigen Postdienstzeiten bzw. Dienstzeiten des Klägers auf der Grundlage der §§ 16, 17 des „Tarifvertrages Nr. 401 e über die Anerkennung früherer Beschäftigungszeiten für die Angestellten im Beitrittsgebiet” vom 02.02.1992.

Der am 26.09.1939 geborene Kläger wird seit dem 01.07.1962 bei der Deutschen Post/Deutsche Telekom AG an der Fachhochschule L., zuletzt als Hochschullehrer zu einem Bruttogehalt von 6.471,00 DM beschäftigt. Der einschlägige Tarifvertrag findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung. Auf Antrag des Klägers vom 26.05.1992 hat die Beklagte den Beginn der Postdienstzeit auf den 01.07.1962 und den der Dienstzeit auf den 01.01.1961 festgesetzt.

Soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung enthält der Tarifvertrag folgende Bestimmungen:

㤠16

Postdienstzeit

(1) Postdienst ist die bei der Deutschen Bundespost/Deutschen Post und der Landespostdirektion B. in einem Ausbildungs-, Arbeits- oder Beamtenverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist; dies gilt auch für eine als Postjungbote zugebrachte Zeit. Zeiten einer Beschäftigung mit weniger als der Hälfte der jeweils geltenden regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten werden nicht berücksichtigt.

Übergangsvorschriften:

1. für Zeiten vor dem 01.01.1991

Von der Berücksichtigung als Postdienstzeit sind ausgeschlossen

a) Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit)

§ 17

Dienstzeit

(1) Die Dienstzeit umfaßt

a) die Postdienstzeit

…”

Der Kläger leitete die Amateurfunkstation der jetzigen Fachhochschule. Aus dem Einzelbericht zum Schreiben des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 23.11.1993 ergibt sich, daß der Kläger vom 16.11.1982 bis zur Auflösung des MfS als sog. „Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (GMS)” unter dem Decknamen „B.” bzw. „B. F.” geführt worden war. Seine Verpflichtung soll durch eine mündliche Bereitschaftserklärung am 16.11.1982 erfolgt sein. Die Anwerbung diente der „Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit an den Amateurfunkclubstationen.”

Anläßlich von gelegentlichen Treffs in den Räumlichkeiten der Funkstation soll der Kläger Listen von Clubmitgliedern an einen MfS-Mitarbeiter übergeben haben. In diesem Zusammenhang sind auch Angaben über die private und berufliche Situation von Mitgliedern zumindest mündlich weitergegeben worden.

Die Beklagte setzte daraufhin am 07.06.1994 den Beginn von Postdienst- und Dienstzeit auf den 03.10.1990 fest. Dagegen hat der Kläger am 06.07.1994 Einspruch eingelegt, dem die Beklagte am 09.08.1994 nicht abhalf. Mit Schreiben vom 06.09.1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß er aufgrund der Korrektur mit der Rückforderung überzahlter Bezüge in Höhe von 5.800,00 DM rechnen müsse.

Mit der am 23.12.1994 beim Arbeitsgericht Leipzig eingereichten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, eine Postdienst-/Dienstzeit ab 01.07.1962 bzw. ab 01.01.1961 anzuerkennen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beschäftigungszeiten seien unzutreffend festgesetzt worden. Er habe weder eine Verpflichtungserklärung für das MfS abgegeben noch einen Decknamen ausgewählt. Es habe sich bei den Kontakten mit dem MfS nicht um konspirative Mitarbeit, sondern um offizielle Kontakte gehandelt. Das Funkwesen sei von einer Vielzahl von Behörden regelmäßig kontrolliert worden. Als Leiter der Funkstation sei er zu dererlei Auskünften verpflichtet gewesen. Bestimmte Aufträge habe er hierbei nie erhalten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Postdienstzeit des Klägers gemäß § 16 TV Ang-O ab dem 01.07.1962 und die Dienstzeit gemäß § 17 TV Ang-O ab dem 01.01.1961 anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Nichtanerkennung der Beschäftigungszeiten sei aufgrund der Tätigkeit des Klägers für das MfS gerechtfertigt. Außerdem habe er sein Klagerecht verwirkt, da die Korrektur der Beschäftigungszeiten bereits am 07.06.1994 erfolgt sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 117 bis 118 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 03.08.1995 zugestellte Endurteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 19.05.1995 hat dieser am 21.08.1995 Berufung eingelegt und sie am 23.10.1995 – nach gewährter Fristverlängerung – wie folgt begründet:

Das Arbeitsgericht habe unzutreffend angenommen, der tarifvertragliche Ausschlußtatbestand greife bereits dann ein, wenn ein Arbeitnehmer im Zusammenhang...

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