Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsanspruch der Arbeitgeberin für die Zahlung einer dem Arbeitnehmer obliegenden Steuerschuld. Zahlungsklage der Arbeitgeberin bei unerheblichen Darlegungen des Arbeitnehmer zum tariflichen Verfall des Anspruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

1.Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG ist grundsätzlich der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer; die Zahlung der Lohnsteuer erfolgt gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG im Wege des Einbehalts vom Arbeitslohn sowie gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG dadurch, dass die Arbeitgeberin die Lohnsteuer an das Finanzamt abführt.

2. Nach § 42d Abs. 3 Satz 1 EStG sind Arbeitgeberin und Arbeitnehmer Gesamtschuldner in Bezug auf die Zahlung der Lohnsteuer.

3. Auch wenn der Arbeitgeberin für einen Lohnsteuerabzug kein laufender Arbeitslohn (mehr) zur Verfügung steht, kann die Arbeitgeberin die Erstattung der von ihr für den Arbeitnehmer bezahlten Lohnsteuer verlangen, wenn sie von den Einkünften des Arbeitnehmers zu wenig Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt hat; das gilt unabhängig davon, ob die Arbeitgeberin freiwillig oder aufgrund eines Haftungsbescheids die Steuerforderung für den Arbeitnehmer erfüllt, da auch in diesen Fällen die Arbeitgeberin eine letztlich allein den Arbeitnehmer treffende Steuerschuld erfüllt.

4. Behält die Arbeitgeberin zu wenig Lohnsteuer von den Einkünften des Arbeitnehmers ein, erwächst im Falle der späteren Zahlung der Lohnsteuer durch die Arbeitgeberin der Rückerstattungsanspruch der Arbeitgeberin erst in dem Augenblick, in dem die Arbeitgeberin freiwillig oder aufgrund eines Haftungsbescheids die Steuerforderung für den Arbeitnehmer erfüllt; der Anspruch wird erst in diesem Zeitpunkt fällig.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1; BGB § 426; BRTV-Bau § 15

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Entscheidung vom 14.05.2013; Aktenzeichen 6 Ca 2185/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 14.05.2013 - 6 Ca 2185/12 -

a b g e ä n d e r t :

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.025,48 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.07.2012 zu zahlen.

Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

2. Die erstinstanzlichen Kosten sind vom Beklagten zu 97/100 und von der Klägerin zu 3/100 zu tragen.

Die zweitinstanzlichen Kosten sind vom Beklagten zu tragen.

3. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.025,48 € zu leisten.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen des Baugewerbes. Die Klägerin führte Gleisbauarbeiten für die ... (...) aus. Der Beklagte war bei der Klägerin vom 15.06.2000 bis 31.05.2010 als Baumaschinist beschäftigt. Die einzelnen Arbeitsbedingungen vereinbarten die Parteien mit den Arbeitsverträgen vom 08.06.2000 (Bl. 10 d. A.) sowie vom 29.01.2001 (Bl. 9 d. A.). Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) Anwendung.

Der Beklagte war 2009 im Rahmen von Gleisbauarbeiten für die ... in der ... als Baumaschinist beschäftigt.

Die Klägerin versteuerte den Arbeitslohn für die Tage, an denen der Beklagte in der ... gearbeitet hat, in der .... Aufgrund einer Wirtschaftsprüfung korrigierte die Klägerin dies und entrichtete - nach Rückerstattung der Quellensteuer von insgesamt 26,00 € durch die ... Steuerbehörden - Steuern in Höhe von 1.056,76 € an die deutschen Finanzbehörden. Die Zahlung erfolgte am 14.06.2012.

Mit Schreiben vom 20.04.2012 (Bl. 5 f. d. A.) wurde der Beklagte aufgefordert, den vorgenannten Betrag an die Klägerin zu zahlen. Der Beklagte erhielt das Schreiben am 15.05.2012.

Das Finanzamt ... prüfte u. a. auch die von der Klägerin vorgenommeine Rückrechnung für die Jahre 2009 bis 2011 mit dem Bericht vom 12.11.2012 (Bl. 203 ff. d. A.).

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass der Beklagte aufgrund der ihn treffenden Steuerpflicht verpflichtet sei, den von der Klägerin bezahlten Steuerbetrag zu erstatten. Die Klägerin sei in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass der Lohn für die in der ... erbrachte Arbeitsleistung vollständig der Besteuerung durch die ... unterliegt. Eine Überprüfung habe allerdings ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung des Lohns in der ... nicht erfüllt sind, soweit die Tätigkeit in der ... 183 Tage nicht überschritten hat. Die Abrechnungen seien daraufhin korrigiert und der Lohn vollständig der deutschen Lohnsteuer unterworfen worden.

Der Arbeitgeber sei verpflichtet, den Lohnsteuerbetrag einzubehalten. Der Erstattungsanspruch sei nicht verfallen. Fälligkeit sei erst mit der Zahlung des Steuerbetrages eingetreten.

Die Klägerin hat erstinstanzlich folgenden Klageantrag gestellt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.056,76 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit...

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