Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Eingruppierung einer Arbeitnehmerin in einem Versandzentrum
Leitsatz (amtlich)
Arbeitnehmerinnen, die in einem Versandzentrum überwiegend mit dem Verpacken von Waren beschäftigt sind. Sind in die Lohngruppe L 3 des Lohntarifvertrages für den Sachs. Einzelhandel eingruppiert.
Normenkette
Tarifvertrag für den Sachs. Einzelhandel i.V.m. dem Arbeitsvertrag.
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Urteil vom 31.07.1997; Aktenzeichen 18 Ca 3127/97) |
Tenor
1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 31.07.1997 – 18 Ca 3127/97 – wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
2) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin gemäß der Lohngruppe L 3 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel im Freistaat Sachsen zu vergüten sowie um Lohnforderungen der Klägerin, die sich aus dieser höheren Eingruppierung seit Oktober 1996 ergeben.
Die am 24.05.1940 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 05.12.1994 beschäftigt. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags erfolgte die Einstellung als Lager- und Versandarbeiterin. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des Einzelhandels in Sachsen kraft Vereinbarung sowie beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Die Klägerin ist in die Lohngruppe L 1/2 eingruppiert. Die Differenz zwischen der Lohngruppe L 1/2 und der Lohngruppe L 3 beträgt ab Oktober 1996 monatlich DM 127,56.
Soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, enthält der einschlägige Lohntarifvertrag vom 20.06.1995 hinsichtlich der Lohngruppen folgende Bestimmungen:
„…
§ 3
Lohnregelung
…
B. Gruppeneinteilung
L 1/2
Tätigkeitsmerkmale: Arbeitnehmerinnen für einfache Arbeiten, auch mit erschwerten körperlichen Belastungen oder erschwerenden Umgebungseinflüssen.
Beispiele:
Auszeichnerinnen,
Raumpflegerinnen, Reinigungspersonal,
Spülhilfen,
Küchenhilfspersonal,
Hof-, Platz- und Kellerarbeiterinnen,
Lagerarbeiterinnen mit einfacheren Arbeiten,
Handelshilfsarbeiterinnen.
L 3
Tätigkeitsmerkmale: Arbeitnehmerinnen, die eine mindestens 3-monatige Einarbeitungszeit oder gewisse Fertigkeiten, besondere Geschicklichkeit, Übung oder Erfahrung erfordern, sowie Arbeiten mit erschwerenden Umgebungseinflüssen.
Beispiele:
Näherinnen ohne Ausbildungszeit,
Putzmacherhilfskräfte,
Modistenhilfskräfte,
Packerinnen,
Lagerarbeiterinnen mit qualifizierten Arbeiten,
Elektrokarrenfahrerinnen,
Kalte Mamsells,
Küchenhilfspersonal mit Tätigkeit am Herd oder beim
Anrichten,
Fahrstuhlführerinnen,
Personalpförtnerinnen,
Beifahrerinnen.
…”
Die Tätigkeit der Klägerin stellt sich im wesentlichen wie folgt dar:
Ihr Arbeitsplatz befindet sich an den sog. Warenrutschen. Über diese Rutschen werden Waren entsprechend vorher erstellter Lieferpapiere zugeführt. Die Klägerin liest die auf dem Lieferschein vorgegebene Kartongröße ab, faltet den Karton auf und stabilisiert ihn durch Aufbringen eines Klebebandes. Sodann entnimmt sie die Ware der Rutsche, kontrolliert die Artikelnummer auf der Ware mit derjenigen auf dem Lieferschein und legt die Ware bei Übereinstimmung in den Karton. Zum Schluß wird der Karton – soweit nötig – mit Füllpapier und Werbematerial aufgefüllt, mit einem Klebestreifen verschlossen, der Adreßaufkleber aufgebracht und der fertige Karton auf ein Förderband zum Weitertransport gestellt. Bei auftauchenden Fehlern wird je nach Art des Fehlers entweder ein sogenanntes „Fehlerpaket” erstellt oder die defekte bzw. falsche Ware in eine bereitstehende Wanne gelegt.
Mit Schreiben vom 22.10.1996 hat die Klägerin Tariflohn nach der Lohngruppe L 3 verlangt, am 04.03.1997 erfolgte Klageerhebung zum Arbeitsgericht Leipzig. Darin begehrt die Klägerin die Eingruppierung nach der Lohngruppe L 3 sowie die Zahlung von Gehaltsdifferenzen.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Allein die Tatsache, daß sie bereits das im Tarifvertrag erwähnte Beispiel „Packerin” erfülle, begründe die verlangte Eingruppierung. Diese sei auch deshalb gerechtfertigt, als ihre Tätigkeit einer besonderen Geschicklichkeit, Übung und Erfahrung bedürfe. Um in der Kürze der Zeit die Kartons ordnungsgemäß packen zu können, müsse sie schnell und zuverlässig die Lieferpapiere lesen, den passenden Karton aussuchen, diesen aufbauen und diverse Kontrollen durchführen. Die Fehlerquote betrage ca. 10 %. Sie vermerke den jeweiligen Fehler auf den Lieferpapieren und bringe den entsprechenden Karton zum Sonderversand. Auch die angegebene Kartongröße stimme in aller Regel nicht mit dem tatsächlichen Bedarf überein, daher finde insoweit eine selbständige Auswahl ihrerseits statt.
In die Tätigkeit sei sie durch eine Schulung eingeführt worden, in welcher das Lesen des Liefer- und des Warenscheines, die Bedeutung von Artikel- und Bestellnummern, die verschiedenen Fehlercodes und anderes mehr vermittelt worden sei. Zum Abschluß dieser Schulung habe sie eine theoretische Prüfung im Multiple-Choice-Verfahren bestehen müssen. Es sei insgesamt eine Einarbeitungszeit von ca. 3 Wochen erforderlich gewesen.
Was die Nachzahlung der Loh...