Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvorgang als Grundlage der tariflichen Tätigkeitsbewertung. Eingruppierungsfeststellungsklage bei tariflichen Aufbaufallgruppen. Darlegungslast im Eingruppierungsrechtsstreit
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitsvorgang ist die nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbstständig zu bewertende Arbeitseinheit, die zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führt. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist dieses Arbeitsergebnis. Ist der Arbeitsvorgang bestimmt, kann dieser nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen bewertet werden.
2. Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt sind. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen. Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind diejenigen Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale seien erfüllt.
3. Eine gerichtliche Bewertung, ob eine Aufbaufallgruppe einschlägig ist, erfordert einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den "Normaltätigkeiten" der Ausgangsfallgruppe. Der Kläger muss Tatsachen vortragen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit heraushebt und einen wertenden Vergleich mit der Ausgangsfallgruppe erlaubt.
Normenkette
TVöD-V VKA § 12 Anl. 1 EntgO EG 9b; TVöD-V VKA § 12 Anl. 1 EntgO EG 9c; TVöD-V VKA § 12 Anl. 1 EntgO EG 10; TVöD-V VKA § 12 Anl. 1 EntgO EG 11; TVÜ-VKA § 17; BAT-O § 22 Art. 1a VG Vc
Verfahrensgang
ArbG Bautzen (Entscheidung vom 24.10.2019; Aktenzeichen 4 Ca 4191/19) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 24.10.2019 - 4 Ca 4191/19 -
a b g e ä n d e r t :
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Revision ist nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger wurde von dem Beklagten aufgrund eines unter dem 03.09.2009 unterzeichneten Arbeitsvertrages für die Zeit ab 01.10.2009 auf unbestimmte Zeit als Vollbeschäftigter eingestellt.
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Verwaltung (TVöD-V) und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA).
Der Kläger wurde auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vorläufig nach EG 9 TVÜ-VKA eingruppiert. Im Zuge einer neuen Stellenbeschreibung vom 25.07.2012 betreffend "Sachbearbeiter Altlastenfreistellung/Widerspruch" in der Unteren Abfall- und Bodenschutzbehörde im ... des Beklagten und aufgrund Neubewertung der Stelle stellte der Kläger einen Antrag auf Eingruppierung und Höhergruppierung.
Ihm wurde die EG 9 TVÜ-VKA (Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT-O, entsprechend der heutigen EG 9 c TVöD-VKA) bestätigt.
Die der Tätigkeit des Klägers zugrunde liegende Stellenbeschreibung hat auszugsweise folgenden Inhalt:
Ltd. Nr. |
Anteil an der Arbeitszeit einer Stelle mit Regelarbeitszeit (in %) |
Anteil an der Stelle |
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Die Arbeitsvorgänge sind kurzgefasst, jedoch erschöpfend aufzuführen und können erläutert werden |
Sondertarif |
100,00 |
100,00 |
1 |
AV 1 - Durchführung und Entscheidung sämtlicher übertragener Altlasten-Freistellungsverfahren (Anträge auf Eintritt und Fortsetzung eines bestehenden Freistellungsverfahrens, Anträge bei handels- und gesellschaftsrechtlicher Umgestaltung des freigestellten Unternehmens, Änderungsanträge, Anträge auf Wideraufgreifen bereits beendeter Verfahren, Verfahren zur Beendigung/Einstellung usw.) |
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37,00 |
37,00 |
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AS 1.1 Einordnung der Altstandorte/Objekte nach Refinanzierungskategorien (Bundesmittel, Landesmittel) AS 1.2 einzelfallbezogene Anforderung notwendiger Unterlagen vom Unternehmen und anderen Stellen oder Behörden, ggf. Anhörung AS 1.3 Prüfung und Bewertung der eingereichten Unterlagen (bspw. Unternehmens- und Investitionskonzepte mit Angaben zu beabsichtigten Investitionen sowie zur Arbeitsplatzentwicklung, Angaben zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, Unternehmensbilanzen, Jahresabschlüsse, Bankauskünfte, Gewinn- und Verlustprognosen, betriebswirtschaftlichen Rückstellungen, Nachweisen zur Abtretung von Ansprüchen bei Eintritt in Freistellungs- oder Freistellungsantragsverfahren, Grundstücks- und Unternehmenskaufverträgen, Gewährleistungsausschlüssen, Ansprüchen Dritter, Grundbuch- und Flurkartenauszügen, Gutachter zur grundstücksbezogenen Altlastensituation) auf/nach Umfang. Voll... |