Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 07.12.1995; Aktenzeichen 4 Ca 1439/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 07.12.1995 – 4 Ca 1439/95 – abgeändert.
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben des Beklagten vom 14.02.1995 noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung mit Schreiben des Beklagten vom 08.05.1995 aufgelöst worden ist.
- Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Büroleiter im Sächsischen Forstamt Brotenfeld bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsfeststellungsantrag weiterzubeschäftigen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die auf die Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 zum Einigungsvertrag (im folgenden: Abs. 5 EV) gestützte außerordentliche Kündigung mit Schreiben des Beklagten vom 14.02.1995 bzw. durch die ordentliche Kündigung mit Schreiben des Beklagten vom 08.05.1995 beendet worden ist.
Der am 26.01.1948 geborene Kläger, verheiratet, ein Kind, ist Diplomforstingenieur und steht seit 01.07.1971 in einem Arbeitsverhältnis zur Staatlichen Forstverwaltung. Im Laufe seiner Tätigkeit beim Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb O. stieg er bis zur Position eines Oberförsters auf (beruflicher Werdegang siehe Arbeitszeugnis vom 02.06.1995, Bl. 166 d.A.).
Nachdem der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb O. nicht vom Beklagten übernommen wurde, befand sich der Kläger nach dem 03.10.1990 zunächst im Wartestand. Nach Abschluß einiger befristeter Arbeitsverträge (siehe Bl. 111, 112, 148/149 d.A.) bis zum 30.08.1991 schlossen die Parteien mit Arbeitsvertrag vom 28.08.1991 (Bl. 109/110 d.A.) einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer Tätigkeit des Klägers nach Vergütungsgruppe IV a BAT-O im Forstamt B.. Der Kläger übte dort fortan die Tätigkeit eines Büroleiters aus.
In einer Anlage zu der vom Kläger am 12.03.1991 ausgefüllten Erklärung, beinhaltend Fragen nach einer offiziellen oder inoffiziellen Tätigkeit für das MfS, teilte der Kläger folgendes mit (Bl. 29 d.A.):
„Etwa 1979/80 wurde ich von einem Mitarbeiter des MfS zu einer Aussprache bestellt. Zu dieser Zeit war ich als Technologe auch Verantwortlicher für den Aufbau und das Betreiben für UKW-Funkanlagen im StFB O. Dieser Mitarbeiter bezog sich auf die ihm angeblich bekannte Gewissenhaftigkeit und Ehrlichkeit meiner Person und war daran interessiert, außerhalb von Parteiberichten u.ä. (worauf ich ihn verwies) tatsächlich die Wahrheit zu erfahren.
Hieran fand ich vorerst nichts Anstößiges, zumal es bereits damals genügend Unzulänglichkeiten in unserer Wirtschaft, aber auch aus meiner Sicht ungerechtfertigte Entscheidungen und Widersprüche gab. Ich wurde angehalten, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach ich das MfS in vorstehender Weise unterstützen solle.
Kurze Zeit später erhielt ich von einem MfS-Angehörigen den Auftrag, mich in den Kirchenvorstand meiner Heimatgemeinde wählen zu lassen um zu ergründen, worüber dort gesprochen würde. Dies habe ich abgelehnt, da ich es unmoralisch fand und nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte.
Daraufhin wurde ich als Leiter der ehemaligen Grenzoberförstereien R. und B. nur hin und wieder während der Dienstzeit befragt, vor allem über wirtschaftl. Probleme unseres Betriebs, Versorgungslage im damaligen Grenzgebiet, in welchem ich wohnte und arbeitete. Selten und meist nur in dienstlichem Zusammenhang wurde ich über Personen befragt.
Damals in der Hoffnung, die allg. wirtschaftl. Lage und auch die Bedingungen für das Leben und die Arbeit im ehemaligen Grenzgebiet verbessern zu helfen, habe ich ehrlich Auskunft gegeben über die ZB, bedrückende Lieferplanhöhe, fehlende Arbeitskräfte und Ersatzteile, aber auch meinen Unmut geäußert über Privilegien und Entscheidungen von leitenden Parteifunktionären, was besonders im Kreis O. in der Forstwirtschaft zu spüren war. Erst viel später erfuhr ich, daß diese Informationen offenbar nicht über die kreishöhere Dienststelle des MfS hinausgingen. Für diese Informationen habe ich keine Bezüge oder sonstigen Vergünstigungen erhalten.
Im Jahre 1987 mußte ich für einen Angeh. des MfS Forstuniform-Stücke kaufen. Das verauslagte Geld von ca. 100–150 DM bekam ich zurück, mußte jedoch auf einen Zettel mit dem sinngemäßen Text „Für die Ausführung eines Auftrages erhalten …”
quittieren. Dies befremdete mich, doch man erklärte mir, daß dies so Vorschrift beim MfS wäre.
Nachdem ich während der Wende, unabhängig von meiner Person, aus der Presse von weiteren Praktiken des MfS erfahren habe, schilderte ich den beschriebenen Sachverhalt u. a. einem noch näher zu benennenden Pfarrer, welchen ich seit meiner Schulzeit kenne.
Ich versichere, niemals gegen die Menschenwürde v...