Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Urteil vom 22.07.1993; Aktenzeichen 14 Ca 2739/93) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.07.1993 – 14 Ca 2739/93 – abgeändert:
- Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab 01.01.1993 nach Vergütungsgruppe IV 1 BAT-1 zu vergüten.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe IV 1 BAT-1 ab 01.01.1993 zusteht.
Die am 23.02.1959 geborene Klägerin erwarb 1979 nach Absolvierung eines Direktstudiums am Institut für Lehrerbildung W. der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter sowie die Lehrbefähigung in zwei Fächern für die unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule der DDR. Die Lehrbefähigung bezog sich auf die Fächer Deutsch und Kunsterziehung für die unteren Klassen (vgl. das Abschlußzeugnis v. 02.07.1979, Bl. 8 d. A.).
In den Jahren 1991 und 1992 nahm die Klägerin im Fachbereich Psychologie an der Universität L. an einer zweisemestrigen studentischen Ausbildung im postgradualen Studiengang „Beratungslehre” teil, der die Klägerin in die Lage versetzte, als Beratungslehrerin tätig zu werden (vgl. das Zertifikat v. 09.07.1992, Bl. 9 d. A.). Während die Klägerin in den Jahren 1979 bis 1983 mit einer Unterbrechung von einem Babyjahr ausschließlich als Pionierleiterin eingesetzt war, ist sie seit 1986 ausschließlich als Lehrerin im Schuldienst tätig und unterrichtet als Grundschullehrerin bzw. Klassenleiterin an der … Grundschule in L. die Fächer Deutsch, Mathematik, Kunsterziehung und Sport in den Klassen 1 bis 4. Ab 01.10.1992, nach Abschluß des postgradualen Studienganges, ist sie außerdem als Beratungslehrerin tätig.
In § 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Änderungsvertrages vom 28.08.1991 (Bl. 6 d. A.) sind der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung vereinbart. § 3 des Änderungsvertrages vom 28.08.1991 lautet wie folgt:
„Für die Eingruppierung gilt der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1 a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung. Danach ist der/die Angestellte in der Vergütungsgruppe IV b eingruppiert”.
Zwischen den Parteien besteht aufgrund der Mitgliedschaft der Klägerin in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und des Beklagten bei der Tarifgemeinschaft deutscher Länder kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit Tarifbindung.
Mit Schreiben des Staatlichen Schulamtes L. vom 17.12.1992 (Bl. 7 d. A.) wurde der Klägerin mitgeteilt, daß ihr ab 01.01.1993 lediglich Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT-O zustehe.
Seit 01.01.1993 zahlt der Beklagte der Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT-O.
Mit der am 08.04.1993 beim Arbeitsgericht Leipzig eingegangenen und dem Beklagten am 22.04.1993 zugestellten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, aufgrund der von ihr absolvierten Abschlußprüfung am Institut für Lehrerbildung W. und der von ihr tatsächlich ausgeübten Lehrertätigkeit stehe ihr eine Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O zu.
Die Klägerin hat beantragt:
- Es wird festgestellt, daß die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O, die der Besoldungsgruppe A 10 der 2. BesÜV entspricht, ab dem 18.12.1992 erhält.
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine rückständige Arbeitsvergütung in Höhe von 1.581,21 DM nebst 4 % Zinsen bei Zustellung der Klage zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, daß die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum sowie auch derzeit noch andauernd zutreffend in Vergütungsgruppe VI b BAT-O eingruppiert sei. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen zur Eingruppierung entsprechend der Besoldungsgruppe A 10 gemäß Anlage der 2. BesÜV nicht. Sie sei kein Lehrer als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule. Lediglich die aus ihrer Amtsbezeichnung vorgesehene Tätigkeit verrichte die Klägerin. Sie sei Lehrerin im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule. Daneben setze dieses Amt der Besoldungsgruppe A 10 jedoch voraus, daß die Klägerin eine bestimmte Ausbildung durchlaufen habe und über eine entsprechende Lehramtsqualifikation verfüge. Neben der abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung bestimme der Verordnungstext ausdrücklich, daß die Klägerin den Abschluß als Lehrer für untere Klassen erworben haben müsse. Diese Ausbildung und umfassende Lehrbefähigung für den Unterricht unterer Klassen nach dem Recht der DDR habe die Klägerin unstreitig nicht erworben. Sie verfüge zwar über eine Ausbildung als Freundschaftspionierleiter, verbunden mit dem Erwerb der Lehrbefä...