Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit. Kurzarbeit. Betriebsvereinbarung. Bestimmtheitsgrundsatz
Leitsatz (redaktionell)
In einer Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, die normative Wirkung für die betroffenen Arbeitsverhältnisse entfalten soll, müssen Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder Abteilungen sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll, festgelegt werden, damit sie dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt.
Normenkette
BetrVG § 77
Verfahrensgang
ArbG Bautzen (Urteil vom 24.08.2001; Aktenzeichen 5 Ca 5253/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 24. August 2001 – 5 Ca 5253/01 –
abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme derjenigen des Berufungsverfahrens, welche die Beklagte zu tragen hat.
Revisionszulassung: keine.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren weiter darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte für den Zeitraum von Februar bis Juni 2001 einen Lohnanspruch (nebst einem Zinsanspruch) in dem vom Arbeitsgericht Bautzen in seinem Urteil vom 24.08.2001 ausgeurteilten Umfang hat.
Zur Abwehr dieses Anspruchs hat sich die Beklagte bereits im Ersten Rechtszug auf eine Durchführung von Kurzarbeit bezogen sowie auf Anträge auf Bewilligung von Kurzarbeitergeld, auf einen Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes vom 15.03.2001 und eine Zustimmungserklärung des für ihren Betrieb errichteten Betriebsrates vom 06.02.2001 verwiesen. In einem Schreiben der Beklagten im Ersten Rechtszug (vom 26.07.2001) ist für die Monate Februar bis April 2001 eine Auflistung von Arbeitnehmern, darunter der Kläger, enthalten, die Kurzarbeitergeld bezögen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 13.09.2001 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts, das die Klage bereits teilweise abweist, am 12.10.2001 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Frist für die Begründung der Berufung bis 12.12.2001 am 10.12.2001 ausgeführt.
Erstmals im Berufungsverfahren legt die Beklagte eine die Einführung von Kurzarbeit betreffende Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 (Bl. 54 bis 97 d. A.) vor. Gleichzeitig rügt sie, daß das Arbeitsgericht das Beweisangebot, Frau … als Zeugin zum Beweis der Tatsache des Vorliegens einer die Einführung von Kurzarbeit betreffenden Betriebsvereinbarung zu vernehmen, übergangen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 24.08.2001 – 5 Ca 5253/01 – insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Nach der Auffassung des Klägers konnte mit der Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 zu seinen Lasten nicht wirksam Kurzarbeit eingeführt werden. Diese sei im Lichte einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts nicht bestimmt genug. Auch hätte sie durch das Arbeitsamt genehmigt werden müssen.
Wegen des Vorbringens beider Parteien im übrigen und der von ihnen geäußerten Rechtsansichten wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung ist begründet. Die – ihrerseits allerdings zulässige – Klage ist auch in dem Umfang unbegründet, in dem ihr das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil noch entsprochen hat.
1.
Eine Änderung der Arbeitsverträge hinsichtlich der Arbeitszeit und der Lohnzahlungspflicht für die Dauer einer Kurzarbeitsperiode ohne Rücksicht auf den Willen der Arbeitnehmer kann durch eine förmliche Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 2 BetrVG herbeigeführt werden. Sie wirkt gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse ein (vgl. BAG vom 14.02.1991 – 2 AZR 415/90 –, AP Nr. 4 zu § 615 BGB Kurzarbeit).
2.
Eine derartige Betriebsvereinbarung liegt hier in Form der Abmachung zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Betriebsratsvorsitzenden … vom 08.02.2001 vor. Sie ist auch wirksam:
a) Die Betriebsvereinbarung ist nicht deshalb unwirksam, weil sie vom Arbeitsamt (der Bundesanstalt für Arbeit) hätte genehmigt werden müssen. Derartiges ist nirgendwo vorgesehen. Vorgesehen ist nur, daß die Zahlung von Kurzarbeitergeld zu beantragen ist und von der Bundesanstalt für Arbeit bewilligt werden muß. Fehlen Antrag oder Bewilligung und ist dies dem Arbeitsgeber zuzurechnen, muß dieser für eine Periode vereinbarter Kurzarbeit das dann nicht fließende Kurzarbeitergeld möglicherweise im Wege des Schadensersatzes selbst aufbringen. Seine mit dem Betriebsrat getroffene Abmachung bleibt hierdurch jedoch unberührt. Auf den dadurch verursachten erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall kommt es nur insoweit an, als es sich dabei um eine anzuzeigende Bewilligungsvoraussetzung als Regelvoraussetzung für das Kurzarbeitergeld handelt (vgl. § 169 Nrn. 1 und 4 SGB III).
b) Zu Recht hat sich der Kläger allerdings auf ein Urteil des Hessischen Landesarb...