Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. Wirksamwerden der Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe. Zeitpunkt. Würdigung des Arbeits- und Zeitaufwands des gesamten Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Die Höhe der Verfahrensgebühr nach Nr 3100 RVG-VV ist nicht vom Beiordnungszeitpunkt abhängig.
2. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit gem § 14 Abs 1 S 1 RVG ist nicht nur der Arbeits- und Zeitaufwand nach dem Wirksamwerden der Beiordnung, sondern der im gesamten Verfahren aufgewendete Arbeits- und Zeitaufwand zu würdigen (Anschluss an LSG München vom 22.7.2010 - L 15 SF 303/09 B E = RVGreport 2010, 476).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 30. März 2010 dahingehend abgeändert, dass Prozesskostenhilfe ab dem 16. März 2010 bewilligt wird.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden Antragstellerin) wendet sich dagegen, dass im dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Eilverfahren vor dem Sozialgericht Dresden (im Folgenden SG) Prozesskostenhilfe (PKH) nicht ab Antragstellung (16.03.2010) sondern erst ab 23.03.2010 bewilligt wurde.
In dem Ausgangsverfahren beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15.03.2010, eingegangen beim SG am 16.03.2010, PKH hinsichtlich des mit gleichem Schriftsatz bei Gericht eingereichten Antrags auf Erlass einer vorläufigen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit diesem Antrag wurde die vorläufige darlehensweise Übernahme von Stromschulden i.H.v. 3.254,39 EUR beantragt, um die am 22.03.2010 drohende Stromsperre abzuwenden. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH war die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin nebst Belegen beigefügt. Mit Schreiben vom 16.03.2010 holte das Gericht bei dem Energieversorger Auskünfte ein und forderte die Antragstellerin auf, ihren Vortrag zu ergänzen und aktuell glaubhaft zu machen. Ferner lud das Gericht den Energieversorger mit Beschluss vom 19.03.2010 bei und beraumte am 19.03.2010 einen Erörterungstermin an, der am 23.03.2010 in Anwesenheit der Beteiligten sowie des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin stattfand. Das Ausgangsverfahren endete damit, dass die Beteiligten den schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts vom 29.03.2010 jeweils mit Schreiben vom 29.03.2010 gegenüber dem Gericht annahmen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.03.2010 ist der Antragstellerin PKH ab 23.03.2010 bewilligt worden. Zur Begründung der Ablehnung der Bewilligung vor dem 23.03.2010 hat das SG ausgeführt, aufgrund des Vorbringens in der Antragsschrift habe sich anfangs keinerlei plausible Erklärung für den bei gleichbleibendem Heizverhalten abnorm gestiegenen Stromverbrauch ergeben, sodass ein zivilrechtliches und damit im Zweifel kostenbelastetes Vorgehen gegen den Grundversorger näher gelegen habe. Erst im Erörterungstermin am 23.03.2010 hätten sich Hinweise auf einen im April 2007 vorgenommenen Zählerwechsel und eine für den Abrechnungszeitraum vom 14.04.2007 bis zum 16.04.2008 auf Basis bisher (offenbar unzutreffend) ermittelter Werte erfolgte Schätzung ergeben. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin habe es sich dabei keinesfalls um von Amts wegen zu veranlassende Ermittlungen im Sinne der Ausführungen des Sächsischen Landessozialgerichts (SächsLSG) in dessen Beschluss vom 15.02.2010 - Az. L 3 AS 598/09 B PKH -, gehandelt, sondern um das ernsthafte Bemühen des Gerichts, die bis dahin unzureichende Glaubhaftmachung der den Anordnungsanspruch begründenden Tatsachen i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zu beseitigen. Im Übrigen habe dem Gericht die insoweit entscheidende Turnusrechnung vom 20.04.2008 frühestens am 24.03.2010 um 00.46 Uhr zur Kenntnis gelangen können. Somit habe in der am 29.03.2010 auf richterlichen Vergleichsvorschlag einvernehmlich beendeten Eilsache erst seit 23.03.2010 Anspruch auf Bewilligung von PKH bestanden, wogegen bis dahin keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO vorgelegen habe.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 01.04.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am Montag, den 03.05.2010 beim SG Beschwerde eingelegt. Die Bewilligung von PKH werde ab Antragstellung begehrt. Das Gericht hätte seine Handlungen vom 16.03.2010 (Auskunftseinholung) und 19.03.2010 (Beiladung, Ladung zum Erörterungstermin) nicht vorgenommen, wenn es nicht bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen wäre, dass der Antrag hinreichende Aussicht auf Erfolg aufweise und keinesfalls mutwillig erhoben worden sei.
Auf Nachfrage durch den Senat, welche Auswirkungen die spätere als die begehrte Bewilligung habe, da offensichtlich weder die Verfahrensgebühr noch die Terminsgebühr noch die Einigungsgebühr davon betroffen seien, hat die Antragstellerin ausgeführt, dass aufgrund der Entscheidung des SG d...