Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Zulässigkeit der Berufung im Hauptsacheverfahren. Voraussetzungen der Statthaftigkeit einer Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. wenn der Berufungsbeschwerdewert nicht erreicht wird

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht statthaft, wenn der Beschwerdewert von 750,00 EUR nicht erreicht wird.

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass gemäß § 144 Abs 2 und 3 SGG in einem Hauptsacheverfahren möglicherweise die Berufung zugelassen werden könnte. Denn der Wortlaut des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG spricht von einer "zulässigen" Berufung und nicht von einer "zuzulassenden" Berufung.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2-3, § 172 Abs. 3 Nr. 1 Fassung: 2008-03-26

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 29.05.2009 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Statthaftigkeit der Beschwerde. Im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung streitig.

Die 1985 geborene, alleinstehende und im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehende Antragstellerin (Ast.) bewohnt seit dem 01.01.2006 eine 50,00 m² große Zweizimmerwohnung in der E. Straße 44 in B.. Am 14.01.2009 wurde bei der Ast. eine Schwangerschaft mit einem voraussichtlichen Geburtstermin am 09.09.2009 festgestellt. Die Antragsgegnerin (Ag.) gewährte der Ast. mit Bescheid vom 19.02.2009 für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 31.08.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, darunter Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten von monatlich 299,00 € abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,64 €, folglich 293,36 €.

Am 05.02.2009 beantragte die Ast. die Zusicherung zur Gewährung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft unter Hinweis auf einen Schimmelbefall in der bisherigen Wohnung. Mit dem Antrag legte sie zwei Wohnungsangebote für Dreizimmerwohnungen in B. in der G. Straße 41 mit 56,56 m² und in der G. Straße 11 mit 55,20 m² vor.

Die Antragsgegnerin (Ag.) lehnte mit Bescheid vom 24.02.2009 die Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für die neue Unterkunft in der G. Straße 11 bzw. 41 unter Hinweis darauf ab, für einen etwaigen Schimmelbefall sei der Vermieter erster Ansprechpartner. Das von der Ast. sodann angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Leipzig (S 5 AS 849/09 ER) blieb ohne Erfolg.

Den Widerspruch der Ast. gegen den Bescheid vom 24.02.2009 wies die Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2009 unter Hinweis auf die Ausführungen im Beschluss des SG vom 08.04.2009 im Verfahren S 5 AS 849/09 ER zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.04.2009 hat die Ast. am 11.05.2009 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) unter dem Aktenzeichen S 23 AS 1595/09 erhoben. Gleichzeitig hat sie den Erlass einer auf die vorläufige Verpflichtung der Ag., die höheren Kosten der Unterkunft für die Wohnung G. Straße 11 in B. ab 09.06.2009 zu tragen, gerichteten einstweiligen Anordnung beantragt. Nachdem die Ast. ihre bisherige Wohnung in der E. Straße 44 zum 30.04.2009 gekündigt habe (wobei der Vermieter eine Verlängerung des Mietverhältnis dulde), beabsichtige sie die Anmietung einer Dreizimmerwohnung mit einer Größe von 55,20 m² in der G. Straße 11 zu einem Gesamtmietzins von 411,00 €. Im Rahmen der Inaugenscheinnahme der alten Wohnung im Verfahren S 5 AS 849/09 ER habe der Vertreter der Ag. mitgeteilt, ein Umzug sei mit Blick auf die bevorstehende Geburt des Kindes drei Monate vor dem Geburtstermin, also ab 09.06.2009, möglich. Nach der Geburt des Kindes stehe ihr eine größere Wohnung zu, wobei ihr ein Umzug am Ende der Schwangerschaft nicht zumutbar sei. Schließlich sei eine Verschärfung der Situation dadurch eingetreten, dass auf Grund des Gesundheitszustands der Ast. die Geburt bereits in der 30. Schwangerschaftswoche eingeleitet werden musste.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 29.05.2009 abgelehnt. Es bestehe nach summarischer Prüfung kein Anspruch der Ast. auf Gewährung von Unterkunftskosten, die das mit Änderungsbescheid vom 19.02.2009 bis zum 31.08.2009 bewilligte Maß überstiegen. Die Beschwerde sei gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Die Ast. streite nämlich um die Gewährung von weiteren Leistungen in Höhe von monatlich 12,00 € (Differenz zwischen den Kosten für die neue Unterkunft in Höhe von 411,00 € und für die alte Wohnung in Höhe von 399,00 €). Damit bleibe der Wert des Beschwerdegegenstandes sowohl für den aktuellen Bewilligungszeitraum als auch künftige, regelmäßig sechs Monate dauernde Bewilligungszeitr...

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