Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH wegen nicht hinreichender Erfolgsaussichten. Nichterreichen des Beschwerdewertes. keine analoge Anwendung von § 172 Abs 3 Nr 1 SGG oder § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 127 Abs 2 S 2 ZPO. Prüfungsumfang im PKH-Bewilligungsverfahren. Schreibfehler im Rubrum eines Widerspruchsbescheides

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen nicht hinreichender Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens ist auch dann statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt und die Berufung laufende Leistungen von weniger als einem Jahr betrifft. § 172 Abs 3 Nr 1 SGG und § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 127 Abs 2 S 2 ZPO sind nicht entsprechend anwendbar.

 

Orientierungssatz

1. Das Gericht hat im PKH-Bewilligungsverfahren die Prüfung der Rechtslage nur vorläufig vorzunehmen. Aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten sind insbesondere bei von Fachgerichten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten keine allzu überspannten Anforderungen zu stellen (vgl BVerfG vom 7.4.2000 - 1 BvR 81/00 = NJW 2000, 1936).

2. Die bloße Erwähnung eines nicht existenten Bescheides im Rubrum eines Widerspruchsbescheides führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheides, wenn nicht weitere Umstände - wie etwa das Erwähnen dieses nicht existenten Bescheides im Tenor und/oder den Gründen - hinzutreten. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände handelt es sich dann nur um einen nach § 38 SGB 10 zu berichtigenden bloßen Schreibfehler, der auf die Wirksamkeit des Widerspruchsbescheides ohne Einfluss bleibt.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 29.04.2008 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) wendet sich im Hauptsacheverfahren gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der ARGE Dresden (ARGE), mit dem letztere die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) teilweise aufgehoben und eine Erstattungsforderung i. H. v. 185,35 EUR geltend gemacht hat.

Die am … 1965 geborene Bf. bezog gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten (M.) im Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 Leistungen der ARGE in Höhe von 980,24 EUR monatlich, wovon auf die Bf. ein Anteil von 490,12 EUR entfiel. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte die ARGE Kosten der Unterkunft (KdU) i. H. v. 370,00 EUR monatlich als angemessen und zog hiervon als Pauschale für Kosten der Warmwasserbereitung einen Betrag von 11,76 EUR ab. Am 08.03.2007 zeigte M. die Aufnahme einer Beschäftigung zum 16.02.2007 an. Hieraus floss M. ein monatliches Nettoarbeitsentgelt im März. 2007 i. H. v. 338,54 EUR und im April 2007 i. H. v. 399,86 EUR zu.

Mit zwei Bescheiden vom 28.09.2008, die einerseits an M. und andererseits an die Bf. adressiert waren, hob die ARGE die Leistungsbewilligung vom 01.03.2007 bis zum 30.04.2007 teilweise auf und forderte einen Betrag i. H. v. 185,35 EUR von der Bf. zurück.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2007 zurück. Vor dem Tenor und den Gründen des Widerspruchsbescheides war angegeben, dass der Widerspruch vom 12.10.2007 “gegen den Bescheid vom 15.10.2007„ am 15.10.2007 eingegangen sei. Im Tenor wird “der Widerspruch„ als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung heißt es, dass die Bewilligungsentscheidung mit Bescheid vom 28.09.2007 für den Zeitraum vom 01.03.2007 bis 30.04.2007 teilweise aufgehoben worden sei. Im Folgenden wird die der Bf. zustehende Leistung und der auf sie entfallende Überzahlungsbetrag dargelegt.

Am 29.11.2007 hat die Bf. hiergegen beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben und zeitgleich für die Durchführung dieses Verfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. Dem PKH-Antrag waren die erforderlichen Erklärungen und Belege beigefügt. Es liege kein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.10.2007 vor, auf den sich der Widerspruchsbescheid beziehe, sondern lediglich ein solcher vom 28.09.2007. Bereits deswegen sei der Widerspruchsbescheid rechtswidrig und aufzuheben. Im Übrigen habe die Bf. die Überzahlung mangels Verschuldens nicht zu vertreten. Die ARGE äußerte sich dahin, dass der offensichtliche Schreibfehler im Rubrum des Widerspruchsbescheides bezüglich des angegriffenen Bescheides dahin berichtigt werde, dass der Bescheid vom 28.09.2007 angegriffen worden sei. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X setze kein Verschulden voraus. Die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung erfolge für jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft gesondert.

Mit Beschluss vom 29.04.2008 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt, da der Klage die Erfolgsaussicht fehle. Die formellen Rügen griffen nicht durch. Nach dem Akteninhalt sei die ARGE von einem zu niedrigen Erstattungsbetrag ausgegangen, was sich zu Gunsten der Bf. auswirke.

Gegen diesen - ihrem P...

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