Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. kein Ausschluss der Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. keine Zulassungsbedürftigkeit der Berufung in der Hauptsache. keine Klage auf einen auf Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. vorherige Zusicherung zum Umzug. keine Glaubhaftmachung der Erforderlichkeit des Umzugs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Zusicherung iS des § 22 Abs 4 SGB 2 handelt es sich nicht um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 iVm § 172 Abs 3 Nr 1 SGG (anderer Ansicht LSG Neubrandenburg vom 28.5.2014 - L 8 AS 169/14 B ER, L 8 AS 171/14 B PKH).

2. Zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für eine einstweilige gerichtliche Regelung zur vorläufigen Zusicherung iS des § 22 Abs 4 SGB 2.

 

Orientierungssatz

Es bleibt offen, ob es am Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige gerichtliche Regelung zur vorläufigen Zusicherung iS des § 22 Abs 4 SGB 2 fehlt, ob der Anordnungsgrund entfällt oder ob die Ablehnung des Antrags auf Zusicherung eine Verletzung subjektiver Rechte der Antragsteller ausschließt, weil der Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten aufgrund anderer Rechtsgrundlagen durchgesetzt werden kann. Die Erforderlichkeit des Umzugs wurde nicht glaubhaft gemacht.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. August 2015 aufgehoben.

Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten der Antragsteller sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug der Antragsteller in die Wohnung D…straße … in Z….

Die 1983 geborene Antragstellerin zu 1, der am ...2012 geborene Antragsteller zu 2 und der 1957 geborene Antragsteller zu 3 beziehen laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner. Die Antragsteller zu 1 und 3 sind arbeitslos und haben kein Einkommen. Für den Antragsteller zu 2 wird Kindergeld i.H.v. 184,00 € monatlich gezahlt.

Die Antragsteller bewohnen seit 01.07.2012 eine 78 m² große Dreizimmerwohnung in der Ä… S… Straße … in Z…, für die sie eine Grundmiete von 325,00 € sowie Vorauszahlungen auf allgemeine Betriebskosten nach der Betriebskostenverordnung und auf die Wärme- und Warmwasserkosten i.H.v. zusammen 156,40 €, insgesamt monatlich 481,40 € zu zahlen haben. In der Vergangenheit stritten die Beteiligten bereits über die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung, von denen der Antragsgegner ursprünglich lediglich 470,10 € als Bedarf berücksichtigte. Zuletzt erkannte der Antragsgegner die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 481,40 € als Bedarf an (z.B. Bewilligungsbescheid vom 19.09.2014 für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.03.2015).

Mit Schreiben vom 19.09.2014 wies der Antragsgegner auf die für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft maßgebliche Verwaltungsvorschrift des Landkreises Z… vom 01.07.2014 hin, wonach für einen Drei-Personen-Haushalt in Z… eine Bruttokaltmiete von 429,00 € angemessen sei. Hinsichtlich der angemessenen Höhe von Betriebskostenabrechnungen wurde darauf hingewiesen, dass im Fall der Antragsteller nach den bisher nachgewiesenen Kosten der Unterkunft nur solche bis zu einer Höhe von maximal 309,60 € übernommen werden könnten. Die angemessenen Heizkosten beliefen sich auf 113,00 € für einen Dreipersonenhaushalt in Z…. Es wurde darauf hingewiesen, sparsam mit Wasser und dem Verbrauch von Heizmitteln umzugehen.

Mit Bescheid vom 04.03.2015 wurden der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.03.2016 monatliche Leistungen i.H.v. 1.251,41 € gewährt. Dabei wurde ein Bedarf für Unterkunft und Heizung i.H.v. 481,41 € berücksichtigt.

Am 02.06.2015 sprachen die Antragsteller zu 1 und 3 beim Antragsgegner vor. Sie wurden informiert, dass vor Abschluss eines Mietvertrages die Zusicherung über den Umzug einzuholen sei. Kosten der Unterkunft könnten nur gezahlt werden, wenn ein wichtiger Grund für den Umzug bestehe, die Kosten für die neue Wohnung angemessen seien und die Zusicherung vorliege. Bei fehlender Zusicherung des Umzugs könnten finanzielle Nachteile entstehen. Die Antragstellerin zu 1 wurde darauf hingewiesen, dass die vorgelegten Mietvergleichsangebote nicht geprüft werden könnten, da kalte Betriebskosten und Heizkosten nicht separat ersichtlich seien.

In der Leistungsakte befindet sich ein undatiertes handschriftliches Schreiben mit der Überschrift "Begründung/Erforderlichkeit des Umzugs" (Bl. 785), wonach die Wohnung allgemein unzumutbar sei. Im Kinderzimmer würden die Wände extrem nass, sobald es draußen kalt und nass werde. Man sehe die Nässe durch die Tapete kommen. Es entstehe starker Schimmel und rieche stark. Sie hätten vor einiger Zeit festgestellt, dass unter dem Laminat noch ein alter dreckiger Teppich liege und dadurch komme durch Wärme ein ekliger und...

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