Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. PKH-Vergütung in Sozialrechtsangelegenheiten. angenommenes Anerkenntnis

 

Leitsatz (amtlich)

Zur "Mitwirkung des Anwalts" durch Erledigungserklärung; Abgrenzung zum Anerkenntnis.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 11.04.2008 abgeändert. Die dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 452,20 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Vergütungsfestsetzung des Beschwerdegegners im Rahmen der Prozesskostenhilfe.

Der Beschwerdegegner, der den Kläger schon im Widerspruchsverfahren vertreten hatte, erhob am 09.03.2007 Klage zum Sozialgericht Chemnitz mit folgenden Anträgen:

1.

Der Bescheid der Beklagten vom 27.12.2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.02.2007, Geschäftszeichen 611-BG. Nr.: 07802BG0008351, wird in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2007, Geschäftszeichen 698.2-BG-Nr.: 07802BG0008351-W161/06, aufgehoben.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 31.01.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.087,05 € zu bewilligen.

3.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Mit Bescheid vom 27.12.2005 hatte die Beklagte den Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.10.2005 bis 31.01.2005 in Höhe von 535,93 € aufgehoben. Dieser Bescheid war mit Bescheid vom 06.02.2007 dahingehend abgeändert worden, dass sich der Aufhebungsbetrag auf insgesamt 252,62 € ermäßigte.

Während des Klageverfahrens erging ein weiterer Änderungsbescheid (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.07.2007), welcher den Rückforderungsbetrag noch einmal ermäßigte und zwar auf insgesamt 65,51 €.

Nach kurzer schriftlicher Erörterung von einigen Randfragen erklärte der Beschwerdegegner im Namen und Auftrag der Klägerin den Rechtsstreit am 06.11.2007 für erledigt.

Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 13.11.2007 bewilligt.

Mit Schreiben vom 25.01.2008 bezifferte der Beschwerdegegner seine Vergütungsforderung wie folgt:

Text

VV RVG Nr.

Betrag

Verfahrensgebühr

3102, 3103

170,00 €

Terminsgebühr

3106

200,00 €

Erledigungsgebühr    

1000, 1005, 1006    

190,00 €

Auslagenpauschale

7002

20,00 €

Zwischensumme

580,00 €

Mehrwertsteuer

110,20 €

Gesamtsumme

690,20 €

Die zuständige Kostenbeamtin setzte die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen mit Bescheid vom 27.02.2008 auf 226,10 € fest. Es sei weder eine Terminsgebühr noch eine Erledigungsgebühr verdient worden. Auf die Erinnerung hat das Sozialgericht Chemnitz mit Beschluss vom 11. April 2008 die Vergütung auf 464,10 € festgesetzt.

Die Terminsgebühr sei angefallen. Das Nachgeben der Beklagten stelle nämlich ein Anerkenntnis dar, die Erledigungserklärung sei als Annahme dieses Anerkenntnisses auszulegen. Gemäß Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG entstehe eine Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung ende.

Gegen die dem Bezirksrevisor am 16.04.2008 zugestellte Entscheidung richtet sich dessen am 24.04.2008 beim Sozialgericht Chemnitz - mithin rechtzeitig, § 56 Abs. 2 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) eingelegte Beschwerde des Bezirksrevisors, mit der beantragt wird, die PKH-Vergütung auf 226,10 € festzusetzen.

Eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Es sei nämlich kein Anerkenntnis abgegeben worden.

Im Übrigen sei gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kostentragung des Verfahrens durch Beschluss zu entscheiden gewesen, anstatt die Staatskasse ohne Weiteres in der Zahlungspflicht zu belassen. Dies sei jedoch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerde ist der Beschwerdegegner mit dem Argument entgegengetreten, die Beklagte habe im Wege der einseitigen Erklärung das Zugeständnis abgegeben, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch im Wesentlichen bestehe. Dies sei ein Anerkenntnis (Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 101 Rdnr. 20). Die Beklagte habe als solche eine prozessbeendende Erklärung nur in der Form eines Anerkenntnisses abgeben können. Eine Erledigungserklärung wäre ihr selbst nicht möglich gewesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in dem geltend gemachten Streitpunkt vollumfänglich begründet, allerdings führt sie nur zu einer unwesentlichen Herabsetzung des Erstattungsbetrages, da statt der Terminsgebühr eine Erledigungsgebühr angefallen ist.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wird schon alleine mit dem Vorbringen, die Terminsgebühr in Höhe von 200,00 € sei nicht angefallen, die Mindestbeschwer des § 33 Abs. 3 Satz 1 erreicht, denn einschließlich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer wird damit der Betrag von 200,00 € überschritten.

In rechtlicher Hinsicht ist die Beschwerde begründet, denn eine Terminsgebühr ist nicht entstanden. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung oder ein Erörterungstermin hat nicht stattgefun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?