Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente für Frauen. Anhebung der Altersgrenze. Vertrauensschutzregelung. Vereinbarung über Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Befristung
Orientierungssatz
Bei einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze handelt es sich um eine der Ausnahmebestimmungen des § 237a Abs 3 S 1 Nr 1 Buchst b iVm § 237a Abs 3 S 2 SGB 6, jeweils idF des Rentenreformgesetzes 1999 (RRG 1999) vom 16.12.1997 (BGBl I 1997, 2998), iS einer Befristung. Insoweit folgt der Senat der geänderten Rechtsprechung des BAG, wonach Vereinbarungen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisse auf Grund einer bestimmten Altersgrenze als Befristung auszulegen sind und nicht als auflösende Bedingung (vgl BAG vom 14.8.2002 - 7 AZR 469/01 = BAGE 102, 174; Entgegen BAG vom 20.12.1984 - 2 AZR 3/84).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Wert des Rechts der Klägerin auf Altersrente für Frauen und in diesem Zusammenhang, ob der Zugangsfaktor 1,000 oder 0,973 beträgt.
Die ... 1940 geborene Klägerin war seit September 1990 bei der Firma T-S mbH in D als Sachbearbeiterin beschäftigt. In § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 17.08.1990 war zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart:
Das Arbeitsverhältnis läuft auf unbefristete Zeit. Es endet jedoch spätestens mit Vollenden des 60. Lebensjahres.
Auf Grund dieser Vereinbarung endete das Beschäftigungsverhältnis am 30.09.2000. Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Änderungen hinsichtlich des Anspruchs auf Altersrente für Frauen hatten die Parteien des Arbeitsrechtsverhältnisses keine arbeitsrechtliche Angleichung an die veränderte Rechtslage vorgenommen.
Am 25.08.2000 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Altersrente für Frauen, welchem sie ihren Arbeitsvertrag beifügte.
Mit Bescheid vom 26.10.2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01.10.2000 die beantragte Altersrente für Frauen. Anlage 6 zum Bescheid vom 26.10.2000 ist zu entnehmen, dass auf Grund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente - d.h. bereits mit Vollenden des 60. Lebensjahres -, der Zugangsfaktor von 1,000 für 9 Kalendermonate um 0,003 pro Monat, d.h. von insgesamt 0,027 auf 0,973 vermindert worden war. Die Beklagte berücksichtigte daher bei der Rentenberechnung für die Klägerin als persönliche Entgeltpunkte (Ost) statt 31,4149 nur 30,5667. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 01.12.2000 bei der Beklagten Widerspruch ein. Ihr Arbeitsverhältnis sei mit der Vollendung des 60. Lebensjahres beendet worden. Es liege der Ausnahmetatbestand von § 237a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor. Der Abzug beim Zugangsfaktor sei nicht gerechtfertigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2001, abgesandt am 10.08.2001, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Für die Vertrauensschutzregelung des § 237a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1b SGB VI sei entscheidend, dass eine Kündigung ausgesprochen oder eine Vereinbarung getroffen worden sei und die Beendigung nach dem 06.05.1996 erfolgt sei. Dem stehe eine vor dem Stichtag vereinbarte Befristung gleich. Ein bloße Nennung des bestimmten Lebensalters reiche nicht aus. Erforderlich sei eine eigene Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, eine im Rahmen des Arbeitsvertrages getroffene Regelung über das Ende des Arbeitsverhältnisses reiche nicht aus.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.09.2001 beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben. In ihrem Arbeitsvertrag sei taggenau bestimmt, wann das Arbeitsverhältnis ende. Somit könne sie dem Einwand nicht folgen, dass die Erreichung einer bestimmten Altersgrenze ein zukünftiges Ereignis sei, dessen Eintritt ungewiss sei. Folge man der Argumentation der Beklagten, so sei genauso bei einer mit Datum belegten Befristung ein zukünftiges Ereignis gegeben, dessen Eintritt ungewiss sei.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.11.2002 der Klage stattgegeben und unter Abänderung des Bescheides vom 26.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2001 die Beklagte verurteilt, den Wert des Rechts auf Altersrente unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors von 1,000 festzusetzen und hieraus ab dem 01.10.2000 der Klägerin eine entsprechend höhere Rente zu zahlen. Unter Anwendung von § 237a Abs. 1, 3 SGB VI (in der Fassung vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2998) falle die Klägerin unter die besondere Vertrauensschutzregelung des § 237a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1b SGB VI. Grundsätzlich regele § 237a Abs. 1 SGB VI für Frauen, dass die Altersgrenze stufenweise vom 60. auf das 65. Lebensjahr angehoben werde. Dies gelte für Frauen, die nach dem 31.12.1939 geboren seien. Die Altersrente für Frauen könne allerdings vorzeitig in Anspruch genommen werden. Dies sei jedoch nur unter Minderung des Zugangsfaktors von 0,003 für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente möglich (§ 77 A...