Verfahrensgang
SG Dresden (Urteil vom 10.06.1998; Aktenzeichen S 16 KR 33/98) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse die Kosten einer Mamma-Augmentationsplastik zu tragen hat.
Die Klägerin wurde am … mit den äußerlichen Geschlechtsmerkmalen eines Mannes geboren. Die Geschlechtszugehörigkeit entsprach nicht dem Empfinden der Klägerin und führte zu einem immer stärker werdenden Leidensdruck. Ab 1994 trat die Klägerin in der Öffentlichkeit als weibliche Person auf.
Im Gutachten zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit von Dr. …, Fachpsychologe der Medizin an der Universität Leipzig – Andrologische Abteilung – vom 18.12.1995 wurde die Diagnose der nichtheilbaren Transsexualität gestellt. Ab Mitte Mai 1995 wurde eine Hormonbehandlung durchgeführt, die relativ rasch zu einem Brustwachstum führte. Aufgrund des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen von Dr. … bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 02.07.1996 eine Photo-Therm-Behandlung zur Entfernung des Bartwuchses.
Auf den Antrag vom 24.10.1996 und weiterer gutachterlicher Stellungnahme von Dr. … übernahm die Beklagte die Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation in der Artemed Klinik in München. Die Operation wurde am 28.11.1996 mit einer Vaginoplastik durchgeführt.
Mit Schreiben vom 08.01.1997 stellte Frau Dr. … für die Klägerin einen Kostenübernahmeantrag für eine Mamma-Augmentationsplastik. Bei dem fehlenden Brustwachstum sei diese erforderlich, um das weibliche Erscheinungsbild endgültig zu erreichen. Die Implantatkosten beliefen sich auf 1.819,00 DM. Frau Dr. … Fachärztin für Gynäkologie, bestätigte mit Schreiben vom 13.01.1997, daß mit einer weiteren Entwicklung der Brust nicht mehr zu rechnen sei.
Mit Bescheid vom 17.01.1997 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die operative Brustvergrößerung ab. Eine medizinische Notwendigkeit könne nicht nachvollzogen werden. Kosmetische Operationen könnten nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft übernommen werden.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.01.1997 Widerspruch ein. Sie trage einen BH der Größe B mit Einlagen, was nicht einer normalen Brustgröße entspreche. Frau Dr. … habe bestätigt, daß mit einem Wachstum nicht mehr zu rechnen sei. Dr. … habe ebenfalls keine Veränderungen mehr feststellen können. In einem Bikini oder Badeanzug sei keine fraulich ausgebildete Brust zu erkennen. Sie könne kein öffentliches Bad besuchen. Auch seien Schwierigkeiten in Bezug auf Partnerschaften zu erwarten. Bei ihrer Ausbildung als Einzelhandelskauffrau habe sie einmal die Einlagen vergessen, worauf sie von Mitschülern nach der Echtheit ihrer Brust befragt worden sei. Auch ihr Sohn habe sie schon danach gefragt, warum es bei ihr nicht wie bei seiner Mutter aussehe.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. … führte im ärztlichen Schreiben vom 31.01.1997 aus, es bestehe nach maximaler medikamentöser Therapie mit hormoneller Unterstützung im Bereich der sehr kleinen Brüste immer noch ein Angleichungsbedarf. Die äußeren Geschlechtsmerkmale hätten in ihrer Bewertung durch die Klägerin einen besonderen psychischen Hintergrund. Die Klägerin stehe wegen der kleinen Brüste unter einem sehr hohen Leidensdruck. Aus psychischer Begründung heraus werde eine Kostenübernahme empfohlen.
In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 03.02.1997 wurde eine Kostenübernahme nicht befürwortet. Bei der Einschätzung des unzureichenden Brustwachstums handele es sich um eine subjektive Bewertung durch die Klägerin. Die Tatsache der unterschiedlich in der Konfektion vorhandenen BH-Körbchengrößen zeige, welche Normvarianten in der normalen körperlichen Entwicklung der Frauen vorlägen.
Mit Schreiben vom 07.02.1997 erklärte die Beklagte unter Heranziehung der gutachterlichen Gründe, daß sie ihre ablehnende Entscheidung aufrechterhalte.
Die Klägerin führte ergänzend aus, die geschlechtsangleichende Operation allein trage nicht zu einer Linderung des Leidensdruckes und der endgültigen Angleichung an das weibliche Geschlecht bei. Sie werde nicht als gleichwertige Frau akzeptiert. Durch die ablehnende Haltung der Beklagten habe sich ihr bislang positiv eingestellter Zustand verschlechtert. Sie habe Schlafprobleme und schlechtere schulische Leistungen. Seit September 1997 hätten die Asthmabeschwerden zugenommen, auch eine notärztliche Behandlung sei deswegen erforderlich geworden. Die schulische Ausbildung habe letztendlich abgebrochen werden müssen. Frau Dr. … habe mit Schreiben vom 28.02.1997 noch einmal bestätigt, daß die hormonelle Therapie ein relativ gutes Entwicklungsergebnis der Brüste gebracht habe, diese aber noch im relativen Mißverhältnis zur Gesamtkörperproportion stehe. Ihr verschlechterter Gesundhei...