Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung. Mobilitätshilfe. auswärtige Arbeitsaufnahme. Fahrkostenbeihilfe. wechselnder Einsatzort. Aufwendungsersatz. Betriebssitz. Organisationseinheit. Trennungskostenbeihilfe. Umzugskostenbeihilfe. Förderzeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mobilitätsbeihilfen sollen nicht die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, dh für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken. Die im Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit anfallenden Zusatzkosten für den Arbeitnehmer muss grundsätzlich der Arbeitgeber nach § 670 BGB, der auch auf Dienst- und Arbeitsverhältnisse anwendbar ist, tragen.

2. Bezüglich der auswärtigen Arbeitsstelle muss auf den Sitz des Arbeitsgebers abgestellt werden. Dabei geht es nicht vordergründig um den im Handelsregister eingetragenen Sitz des Unternehmens, sondern um die jeweilige Organisationseinheit, die das Arbeitsverhältnis "betreut", dh den Einsatz des Arbeitsnehmers regelt.

 

Normenkette

SGB III § 53 Abs. 2 Nr. 3b, § 54 Abs. 4; SGG § 54 Abs. 2 S. 1; BGB § 670

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. November 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe.

Der 1977 geborene Kläger ist in B. wohnhaft und schloss am 23. März 2004 mit der Firma A. P. GmbH F., Niederlassung B., einen Arbeitsvertrag als Leiharbeitnehmer ab. Der Kläger wurde ab dem 25. März 2004 für den Niederlassungsbereich B. eingestellt für allgemeine Produktionsarbeiten in Industrie und Handel.

Am 18. März 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe. Er gab insoweit an, dass er ab dem 25. März 2004 bei der B. AG in N. eingesetzt sei und mit dem Pkw zur Arbeitsstelle fahre (25 km Hin- und Rückfahrt).

Mit Bescheid vom 2. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Fahrkostenbeihilfe ab, da bezüglich der Arbeitsstelle auf den Sitz des Arbeitgebers abgestellt werden müsse und dieser vorliegend mit dem Wohnort des Klägers identisch sei.

Den hiergegen am 8. April 2004 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2004 zurück. Als Arbeitsstelle sei der Ort anzusehen, an dem der Arbeitgeber die Vorkehrungen zur Verrichtung der Arbeit treffe. Das sei in der Regel der Sitz des Arbeitgebers als Organisationseinheit. Fahrten zu gegebenenfalls auswärtigen Arbeitsorten bzw. Schulungsorten seien nicht zu fördern. Hier sei der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gefordert. Als Arbeitgeber des Klägers sei die A. P. GmbH in B. anzusehen. Die Arbeitsstelle sei damit identisch mit dem Wohnort des Klägers.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2004, bei der Beklagten am 19. Mai 2004 eingegangen, erneut “Widerspruch„ ein. Die Beklagte gab das Schreiben des Klägers an das Sozialgericht Dresden ab. Das dort am 28. Juni 2004 eingegangene Schreiben wurde als Klage angelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. November 2005 hat das Sozialgericht den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 2. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2004 aufgehoben und zugleich die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe vom 18. März 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ermessensfehlerfrei neu zu entscheiden. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) würden die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe) umfassen. Zu Unrecht habe die Beklagte im Falle des Klägers die Anspruchsvoraussetzung der auswärtigen Arbeitsaufnahme verneint. Bei dem Begriff der Auswärtigkeit komme es nicht auf den Sitz des Betriebes, sondern auf den konkreten Arbeitsort an. Auch vom Sinn und Zweck der Regelung des § 53 SGB III her, der darin bestehe, die berufliche Mobilität des Arbeitslosen zu erleichtern, könne es nicht darauf ankommen, ob der Betriebssitz des potentiellen Arbeitgebers und der Wohnort des Arbeitslosen in ein- und derselben politischen Gemeinde liegen, wenn der tatsächliche Arbeitsort außerhalb des Wohnortes des Arbeitslosen liegt und dem Arbeitslosen daher tatsächlich Kosten für die Fahrten zum konkreten Arbeitsort entstehen. Insbesondere würde die umgekehrte Konstellation bei einem Abstellen auf den Betriebssitz des potentiellen Arbeitgebers zu widersinnigen Ergebnissen führen (Niederlassung des Arbeitgebers nicht identisch mit Wohnort des Arbeitslosen, aber der konkrete Einsatzort am Wohnort des Arbeitslosen). Das Förderziel der Vorschrift könne nur dann erreicht werden, wenn auf den konkreten Arbeitsort und nicht auf den Betriebssitz abgestellt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge