Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes
Leitsatz (amtlich)
Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.
Orientierungssatz
1. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG ist es innerhalb eines zahlenmäßig teilbaren Geldbetrags nicht ausgeschlossen, nur für einen betragsmäßigen Anteil die Voraussetzungen des nach § 6 Abs 6 AAÜG abgesenkten Beweismaßstabs zu bejahen. Dadurch wird auch nicht der Beweismaßstab iS einer Schätzungswahrscheinlichkeit vermindert (entgegen LSG Berlin-Potsdam vom 10.3.2022 - L 17 R 471/19 = juris RdNr 33 und vom 24.3.2022 - L 17 R 360/19 = juris RdNr 37 sowie LSG Erfurt vom 14.9.2022 - L 3 R 332/19 = juris RdNr 42).
2. Es wird vielmehr der in § 6 Abs 6 AAÜG vorgesehene Beweismaßstab angewendet und dabei nur ein Teilbetrag als glaubhaft gemacht angesehen. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 6 AAÜG muss es auch nicht überwiegend wahrscheinlich sein, dass eine Jahresendprämie "ausschließlich" in Höhe der "Mindest-Jahresendprämie" gezahlt worden ist (entgegen LSG Chemnitz vom 21.4.2020 - L 4 R 703/19 ZV = juris RdNr 60 und L 4 R 461/19 ZV = juris RdNr 63). Die Glaubhaftmachung des Zuflusses einer Jahresendprämie in einer Mindesthöhe schließt es gerade nicht aus, dass tatsächlich ein höherer Verdienst erzielt worden ist (vgl ua BSG vom 7.9.2023 - B 5 RS 4/22 B = juris RdNr 17 sowie B 5 RS 5/23 B = juris RdNr 13).
3. Dass den Prämienfonds-Verordnungen ein individueller Anspruch des einzelnen Beschäftigten nicht entnommen werden kann, steht ihrer Einbeziehung in die Würdigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls nicht entgegen (vgl ua BSG vom 7.9.2023 - B 5 RS 4/22 B = juris RdNr 19 sowie B 5 RS 5/23 B = juris RdNr 15; entgegen LSG München vom 24.10.2019 - L 1 RS 2/16 = juris RdNr 48).
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 8. August 2023 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens in Gänze.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in Form von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1976 bis 1983 festzustellen.
Der 1943 geborene Kläger ist, nach erfolgreichem Abschluss eines im Zeitraum von September 1966 bis August 1971 berufsbegleitend absolvierten Fachschulstudiums in der Fachrichtung "Maschinenbau" an der Ingenieurschule für Maschinenbau "Y...." X...., seit 27. Juli 1971 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 1. Juli 1969 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Mitarbeiter Konstruktion, Konstrukteur für Rationalisierungsmittel und Gruppenleiter Planung und technische Vorbereitung im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat W.... V.... A.... bzw. im - unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb - VEB V.... A.... bzw. im - unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb - VEB U....-V.... A.... bzw. im - unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb - VEB U....-Rechen- und Schreibtechnik A.... beschäftigt. Er erhielt zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) keine Versorgungszusage und war nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 3. April 2002 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte - im Laufe des Verfahrens - eine Entgeltbescheinigung der DISOS GmbH vom 5. November 2002 (für den Beschäftigungszeitraum vom 1. Juli 1971 bis 31. Dezember 1987 und vom 1. Januar 1989 bis 30. Juni 1990) vor. Mit Bescheid vom 2. Dezember 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1971 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (= Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der DISOS GmbH vom 5. November 2002 sowie eines für das Jahr 1988 glaubhaft gemachten Entgelts, fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 30. April 2014 (Eingang bei der Beklagten am 6. Mai 2014) begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von 70 Prozent des Entgeltes des vorangegangenen Kalenderjahres als glaubh...