Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung eines während einer Altersteilzeitarbeit bezogenen Aufstockungsbetrags auf eine Hinterbliebenenrente. Arbeitsentgeltbegriff

 

Orientierungssatz

1. Die Aufstockungsbeträge nach dem Altersteilzeitgesetz können nicht als Arbeitsentgelt angesehen werden (vgl BSG vom 17.4.2007 - B 5 RJ 33/05 R = SozR 4-2400 § 18a Nr 1). Die Aufstockungsbeträge sind aber als vergleichbares Einkommen iS des § 18a Abs 2 S 1 SGB 4 zu bewerten und unterliegen daher der Anrechnung gem § 97 SGB 6 (Anschluss an SG Stade vom 12.11.2008 - S 30 R 173/08 und Entgegen BSG vom 17.4.2007 - B 5 RJ 33/05 R aaO).

2. Unter Erwerbseinkommen ist gem § 18a Abs 2 S 1 SGB 4 die Summe der Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbaren Einkommen zu verstehen. Der Begriff bezeichnet damit ein Einkommen aus Tätigkeiten, das von seiner Funktion her und in seiner rechtlichen Ausgestaltung dem Einkommen aus einer selbständigen oder nicht selbständigen Erwerbstätigkeit vergleichbar ist. Das Kriterium für die Vergleichbarkeit der unter dem Begriff des Erwerbseinkommens zusammengefassten drei Begriffe ist dabei "in den Früchten des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft zu sehen" (vgl BSG vom 23.1.2008 - B 10 LW 1/07 R = SozR 4-5868 § 3 Nr 3).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.04.2012; Aktenzeichen B 13 R 73/11 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 1. Juli 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung des während einer Altersteilzeitbeschäftigung gezahlten Aufstockungsbetrags auf die dem Kläger gewährte Witwerrente.

Der 1946 geborenen Kläger war seit dem 25.07.1970 mit der im Jahr 1952 geborenen und am 12.09.2007 verstorbenen Versicherten verheiratet. Nach der Bescheinigung seines Arbeitgebers, der H-M Sachversicherungs-AG, vom 18.10.2007 hat der Kläger im Oktober 2007 Bruttoarbeitsentgelt aus einer Altersteilzeitarbeit in Höhe von 2.164,28 € sowie einen steuerfreien Aufstockungsbetrag von 671,71 € erhalten. Im Jahr 2006 belief sich das Bruttoarbeitsentgelt aus der Altersteilzeitarbeit einschließlich Sonderzuwendungen auf 35.530,88 € zuzüglich steuerfreier Aufstockungsbeträge in Höhe von 8.132,46 €.

Auf den Antrag des Klägers hat ihm die Beklagte mit Bescheid vom 30.10.2007 große Witwerrente gewährt, die für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 mit einem Rentenartfaktor von 1,0 ermittelt worden ist. Für die Zeit seit 01.01.2008 beträgt der Rentenartfaktor 0,6. Aufgrund des erzielten Arbeitsentgelts aus der Altersteilzeitbeschäftigung und der Berücksichtigung des vom Arbeitgeber gezahlten Aufstockungsbetrages war die Witwerrente ab 01.01.2008 nicht zu zahlen, weil das nach Anlage 8 des Bescheides ermittelte anzurechnende Einkommen von 575,22 € den Betrag der monatlichen Rente von 522,79 € überstieg.

Gegen den Bescheid vom 30.10.2007 hat der Kläger mit Schreiben vom 05.11.2007 Widerspruch eingelegt, mit dem er sich gegen die Absenkung des Zugangsfaktor sowie gegen eine Anrechnung der Aufstockungsbeträge wandte. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2008 zurück. Die Absenkung des Zugangsfaktors für Hinterbliebenenrenten beruhe auf § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Hinsichtlich der Aufstockungsbeträge bei Altersteilzeit folge die Beklagte dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.04.2007 - B 5 RJ 33/05 R - über den Einzelfall hinaus nicht. Die Rentenversicherungsträger seien sich darüber einig, dass die Aufstockungsbeträge bei Altersteilzeit seit jeher zum anzurechnenden Arbeitseinkommen i. S. d. § 97 SGB VI i. V. m. § 18 a SGB IV gehörten. Eine explizite Nennung in § 18 a Abs. 1 SGB IV i. d. F. des Altersvermögens-Ergänzungsgestzes (AVmEG) ab 01.01.2002 sei erforderlich geworden, da dieser u. a. um die steuerfreien Einnahmen nach § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergänzt worden sei, die bei der Einkommensanrechnung nicht zu berücksichtigen seien und die Aufstockungsbeträge, die ebenfalls nach § 3 EStG steuerfrei sind, weiterhin angerechnet werden sollten.

Mit der am 10.01.2008 beim Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht, dass auf seinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente das vor dem 01.01.2002 geltende Recht Anwendung finde. Hierzu hat er erneut auf die - aus seiner Sicht - klaren Aussagen des BSG in dem Urteil vom 17.04.2007 (B 5 RJ 33/05 R) verwiesen. Danach seien auch für ihn die Aufstockungsbeträge nicht auf die Witwerrente anzurechnen; die Beklagte müsse die Rechtsprechung des BSG auch in seinem Fall umsetzen.

Im Erörterungstermin am 26.11.2008 hat der Kläger erklärt, sich nicht mehr gegen die Absenkung des Zugangsfaktors zu wenden.

Die Beklagte hat nochmals darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung des BSG auch vor der Neuregelung ab Januar 2002 eine Rechtsgrun...

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