Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld. Inanspruchnahme von Erholungsurlaub. Bezug einer Lohnersatzleitung auf der Grundlage einer vorausgegangenen Vollzeittätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz - die nicht zu einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit führt - ist rechtlich wesentlich anders konzipiert als die Geltendmachung von Erziehungsurlaub gem §§ 15 BErzGG.
2. Der Bezug einer Lohnersatzleistung - hier Urlaubsentgelt nach § 5 BUrlG - auf der Grundlage einer vorausgegangenen Vollzeittätigkeit schließt den Anspruch auf Erziehungsgeld aus.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten - auch des Berufungsverfahrens - sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für die Zeit vom 27.11.2000 bis zum 18.01.2001 einen Anspruch auf Erziehungsgeld (ErzG) hat.
Die 1972 geborene und verheiratete Klägerin beantragte am 09.01.2001 im Anschluss an die Geburt ihrer Tochter … am … 2000 die Gewährung von ErzG.
Arbeitgeberin der Klägerin war die MDR T. G. GmbH, L.. Bei dieser war die Klägerin in Vollzeit beschäftigt. Sie hatte für das erste und zweite Lebensjahr des Kindes die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub angezeigt.
Vom 13.08.2000 bis 26.11.2000 bezog die Klägerin von der zuständigen Krankenkasse, der BKK VBU Berlin, kalendertäglich 25,00 DM Mutterschaftsgeld.
Im Anschluss an den Mutterschaftsurlaub nahm die Klägerin vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 den aus dem Arbeitsverhältnis noch offenen Erholungsurlaub in Anspruch.
Für diese Zeit wurde an die Klägerin Urlaubsentgelt gezahlt. Wegen einer Umstellung des Abrechnungssystems bei der Arbeitgeberin kam es im Januar 2001 zu der Fehlbezeichnung “Urlaubsabgeltung„.
Für das Jahr 2000 waren für die Klägerin und ihren Ehemann, Dr. G., Einkünfte in folgender Höhe zu veranschlagen:
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- Aus nichtselbstständiger Arbeit: 90.600,00 DM |
- Aus selbstständiger Arbeit: ca. 2.000,00 DM Verlust |
Der steuerpflichtiger Jahresbruttoverdienst aus dem Vorjahr betrug 87.911,00 DM.
Mit Schreiben vom 11.02.2001 teilte der Ehemann der Klägerin mit, der zu erwartende Verlust aus seiner selbstständigen Tätigkeit betrage im laufenden Jahr voraussichtlich ca. 9.917,14 DM. Für seine unselbstständige Beschäftigung mache er eine Werbungskostenpauschale von 2.000,00 DM geltend.
Kapitaleinkünfte oberhalb des Sparerfreibetrages von 3.000,00 DM/p.P. bestünden nicht.
Darunter findet sich der schriftliche Vermerk der Klägerin, wonach Leistungen ab dem 19.01.2001 beantragt wurden.
Mit Bescheid vom 27.02.2001 bewilligte die Beklagte dem Grunde nach Erziehungsgeld vom 27.09. bis 26.01.2000; vom 27.09. bis 26.10. belaufe sich der Auszahlungsbetrag wegen des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld auf 0,00 DM und vom 27.10.2000 bis 26.11.2000 auf 20,00 DM.
Der Anspruch ende mit dem 26.11.2000, da die Klägerin ab dem 27.11.2000 nach dem Abschluss der Mutterschaftsfrist ihren Erholungsurlaub aus dem Beschäftigungsverhältnis in Anspruch genommen habe.
Mit Bescheid vom 06.03.2001 stellte die Beklagte zunächst fest, dass vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 kein Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe, da die Klägerin in diesem Zeitraum Erholungsurlaub genommen habe. Erziehungsgeld werde erst wieder ab dem 19.01.2001 bewilligt:
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- vom 19.01.2001 bis 26.01.2001: 160,00 DM und |
- vom 27.01.2001 bis 26.03.2001: 1.200,00 DM (2x 600,00 DM) |
Beide Bescheide wurden am 15.03.2001 abgesandt und gingen sodann am 18.03.2001 zu.
Dagegen legte die Klägerin am 10.04.2001 Widerspruch ein.
Der Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe unabhängig davon, ob Erziehungsurlaub oder Erholungsurlaub genommen werde. Die Voraussetzungen nach § 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) seien abschließend. Danach sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Dies sei auch bei einem Erholungsurlaub der Fall. Im Übrigen habe die Klägerin die Wahl, (den Rest) Erholungsurlaub vor oder nach dem Erziehungsurlaub zu nehmen. Einen sachlichen Grund zur Differenzierung gebe es in diesem Zusammenhang nicht.
Mit weiterem Schreiben vom 16.05.2001 führte die Klägerin aus, der Anspruch auf “Urlaubsgeld„ stehe dem Anspruch auf Erziehungsgeld nicht entgegen. Aus diesem Grunde sei auch “Urlaubsgeld„ in § 2 Abs. 2 BErzGG nicht genannt. Während des Urlaubs habe sie keine Erwerbstätigkeit nach § 1 Nr. 1 BErzGG ausgeübt.
Mit Bescheid vom 05.04.2002 wies der Beklagte diesen Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe im Anschluss an die Mutterschaftsfrist Erholungsurlaub genommen. Dieser sei auf der Grundlage einer vollen Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG gewährt worden und damit Bestandteil dieser Erwerbstätigkeit. Im Zeitraum vom 23.11.2000 bis 18.01.2001 seien daher die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt gewesen.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 06.05.2002 an das Sozialgericht Leipzig gewandt. Sie...